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"Verrat"

■ Lengsfeld-Wechsel zur CDU erntet scharfe Kritik bei Berliner Grünen

Der Wechsel der bündnisgrünen Bundestagsabgeordneten Vera Lengsfeld zur CDU ist bei den Berliner Bündnisgrünen teilweise auf scharfe Kritik gestoßen. Mit einer Austrittswelle sei aber nicht zu rechnen, lautete die übereinstimmende Einschätzung.

Der Ostberliner Abgeordnete Dietmar Volk warf Lengsfeld „Verrat an der Idee der Bürgerbewegung“ vor. Wer glaube, ein grünes einfach gegen ein schwarzes Parteibuch eintauschen zu können, habe von der Idee der Bürgerrechtsbewegung nichts begriffen. Die Begründung, die Grünen wegen ihrer vermeintlichen Annäherung an die PDS zu verlassen, wertete Volk als „ein Zeichen der Unfähigkeit beziehungsweise mangelnden Bereitschaft, sich mit neuen Denkrichtungen auseinanderzusetzen“. Wer nicht bereit sei, sich einer solch schwierigen innerparteilichen Diskussion zu stellen, sei auch nicht in der Lage, alternative Politik zu gestalten, so Dietmar Volk, der frühere Geschäftsführer von Bündnis 90. „Der Hinweis auf die PDS ist fadenscheinig. Ich sehe für Lengsfelds Schritt jetzt gar keinen Anlaß“, erklärte Bernd Albani vom Landesvorstand. Ihn ärgere, daß nun der Eindruck entstünde, daß die Bürgerrechtler zur CDU wechselten. Es handele sich nur um eine kleine Gruppe, betonte Albani, der in den achtziger Jahren mit Lengsfeld zusammenarbeitete. Albani sagte, die Debatte um eine Zusammenarbeit mit der PDS müsse behutsam weitergeführt werden.

Großes Bedauern war gestern nicht auszumachen. „Es ist nur konsequent, daß Vera Lengsfeld zur CDU geht“, erklärte die Fraktionsvorsitzende Sibyll Klotz. Einige Bürgerrechtler hätten sich in letzter Zeit häufig von der CDU instrumentalisieren lassen. Lengsfeld werde im Bundestag künftig die Hand für die CDU heben, um den Abbau von ABM-Stellen im Osten zu beschließen, so Klotz.

Die Abgeordnete Claudia Hämmerling erklärte dagegen: „Ich kann ein Stück weit nachvollziehen, daß sich einige aus dem ,Beitrittsgebiet‘ mit dem Gedanken tragen, die Grünen zu verlassen.“ Der Wechsel zur CDU sei für sie aber „nicht nachvollziehbar“. Lengsfelds Austritt zeige aber, daß in der PDS-Debatte für die Grünen erheblicher Sprengstoff stecke. Hämmerling hatte vor kurzem ihren Austritt angekündigt, falls eine Zusammenarbeit mit der PDS beschlossen werde.

Auf einhellig scharfe Kritik stieß Lengsfelds Absicht, ihr Bundestagsmandat zu behalten. Parteivorstand Christian Ströbele erklärte: „Das ist Betrug an den WählerInnen.“ Dorothee Winden

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