: Geld für Neuengamme
■ Endlich Verlegung in Sicht / CDU will lieber durch Abschiebung sparen
Ein Gefängnis auf dem Gelände des ehemaligen KZ Neuengamme – ein Schandfleck für den modernen Rechtsstaat und das Hamburg von heute, finden viele Überlebende. Seit Jahren entschuldigt der Senat die immer wieder verschobene Verlegung der JVA Vierlande mit der schwierigen Haushaltslage. Zur Gedenkfeier 50 Jahre nach Kriegsende im Mai 1995 versprach Bürgermeister Hennig Voscherau (SPD) erneut, endlich etwas zu tun. Nun taucht die Absichtserklärung erstmals im Haushalt auf: Die „mittelfristige Finanzplanung“ sieht 96 Millionen Mark ab dem Jahre 2000 über drei Jahre für einen Neubau in Billwerder vor.
„Wir unterstützen das Bemühen des Senats“, so der GALier Manfred Mahr gestern in der Bürgerschaft, auch wenn der erste Spatenstich frühestens in vier Jahren sein wird. Gute Sache, aber zu teuer, winkt die CDU ab. Den historischen Fehler der Nachkriegspolitiker, in Neuengamme ein Gefängnis zu bauen, könne man nicht wieder gutmachen. Man reiße schließlich auch nicht alle Gebäude ab, „in deren Kellern die Gestapo gefoltert hat“, hält Ralf-Dieter Fischer (CDU) die Aufregung für übertrieben.
„Das ist doch nicht irgendein Bau“, empört sich Justizsenator Wolfgang Hoffmann-Riem (parteilos), „sondern es geht um die Verantwortung für die Geschichte.“ Dafür hätte der Senat sich angesichts der Haushaltslage „einen Ruck geben“ müssen.
Ein ernstes Problem sind derweil die 17 Millionen Mark, die dem Justizsenator in der Gerichtskasse fehlen; hier wurde weniger eingenommen als erwartet. Dieser Bereich ist allerdings auch noch nicht Hoffmann-Riems Reformeifer anheim gefallen und gilt als ineffektiv organisiert.
Den Justizhaushalt durch mehr Abschiebung von ausländischen Strafgefangenen zu entlasten – wie die CDU in einem Antrag vorschlägt –, lehnt der parteilose Senator ab. Abschiebungen gebe es bereits, wo sie rechtsstaatlich vertretbar seien.
Insgesamt sei es „um die Zukunft der Justiz nicht gut“ bestellt. Der Rotstift bestimme die Politik, obwohl, so Hoffmann-Riem, „ich nicht in das allgemeine Klagelied einstimmen will“. Silke Mertins
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