Ciba riskiert Boykott

■ EU läßt gentechnisch veränderten Mais der Schweizer Firma Ciba-Geigy zu

Freiburg (taz) – Keine andere Gentech-Pflanze war bisher so umstritten wie der schädlingsresistente Mais aus dem Hause Ciba- Geigy. Noch nie sprach sich eine so große Zahl von EU-Mitgliedsstaaten gegen die Zulassung einer Gentech-Pflanze aus. Dennoch entschied gestern die EU-Kommission in Brüssel: Ciba-Geigy kann ab sofort mit der Vermarktung beginnen.

Entscheidendes Marketingargument für den Ciba-Mais ist der eingebaute Insektenschutz. Dank gentechnischer Manipulation sollen die Maispflanzen immun sein gegen die Freßattacken des Maiszünslers, eines Käfers, der weltweit rund sieben Prozent der Ernte zerstört und auch in Deutschland immer mehr Schäden anrichtet.

Das in den Mais eingebaute Gen wurde dem im Boden weit verbreiteten Bakterium Bazillus thuringiensis (bt) abgeschaut. Bt- Präparate werden schon seit langem in der biologischen Schädlingsbekämpfung eingesetzt.

UmweltschützerInnen fürchten nun vor allem zweierlei. Zum einen könnte der Maiszünsler schnell resistent gegen Bt werden. Dadurch würde einer Methode der schonenden Schädlingsbekämpfung der Boden entzogen. Zum anderen verweisen sie auf eine ebenfalls in den Ciba-Mais eingebaute Resistenz gegen das gebräuchliche Antibiotikum Ampizillin. Diese Resistenz ist ein ungewolltes Überbleibsel aus der Entwicklungsphase des Bt-Maises. Sie kann heute aber nicht mehr rückgängig gemacht werden. Es wird befürchtet, daß die Antibiotikaresistenz in Einzelfällen auch auf Menschen und Tiere, die Bt-Mais essen, übertragen wird.

Zeitweise hatte es ganz schlecht ausgesehen für Ciba. Nur Frankreich und die Kommission befürworteten durchgängig die Zulassung. Weil sich die Mitgliedsstaaten aber nicht einig waren, behielt die Kommission das letzte Wort. Um noch einmal Zeit zu gewinnen, beauftragte sie im Juli die wissenschaftlichen EU-Ausschüsse für Lebensmittel, Tierfutter und Pestizide mit einer Prüfung des Ciba- Antrags. In den letzten Tagen gingen deren Antworten ein, die da lauteten: „Keine Gefahr“.

Ciba nutzte die Gunst der Stunde und schob schnell noch einen netten Brief nach, in dem die Firma eine freiwillige Kennzeichnung der Maispflanzen versprach sowie die Entwicklung einer „Strategie“ zur Verhinderung von Bt- Resistenzen.

Auch die Kommission reagierte sofort und beschloß umgehend die Zulassung von Ciba-Mais. Die Eile hatte einen Grund: Schon seit Anfang Oktober wurde in den USA angebauter Bt-Mais nach Europa importiert, ohne daß die Kommission hiergegen vorging. Christian Rath