: Flammende Wut gegen Investoren
Thailändische Arbeiter freuen sich über die brennenden Lagerhallen ihres Arbeitgebers Sanyo. Den Multis sind zehn Mark Lohn am Tag zu teuer, sie streben in billigere Länder ■ Aus Bangkok Jutta Lietsch
Es war ein Jubelfeuer der besonderen Art: Hunderte ArbeiterInnen der Firma Sanyo Universal Electric schauten begeistert in die Flammen, als das Bangkoker Geschäftszentrum ihres Arbeitgebers lichterloh verbrannte. Brandstifter hatten am Dienstag abend das achtstöckige Bürogebäude und ein benachbartes Warenlager voller Haushaltsgeräte angezündet. Die Feuerwehr und mehr als 400 Polizisten konnten zunächst nichts ausrichten – das Betriebsgelände war verriegelt. Erst Stunden später brachten sie den Brand unter Kontrolle. Niemand wurde verletzt.
Die Wut der Beschäftigten hatte sich nach dreitägigen Prostesten gegen die Geschäftsführung entzündet. Das Unternehmen gehört zu 30 Prozent dem japanischen Sanyo-Konzern und zu 70 Prozent thailändischen Partnern. Auslöser: Das Unternehmen hatte sich wegen fallender Gewinne geweigert, wie noch 1995 eine Jahresprämie in Höhe von fünfeinhalb Monatslöhnen auszuzahlen. Statt dessen boten sie einen Dreimonatsbonus an. Außerdem hatte Sanyo angekündigt, ihre Werkstätten aus Bangkok in die Provinz auszulagern.
Regierungschef Chavalit Yongchaiyudh eilte noch Dienstag nacht zum Schauplatz und beschwor die ArbeiterInnen, von Gewalt abzusehen, da sonst ausländische Investoren verschreckt würden. Nach Ansicht thailändischer Gewerkschafter ist der Ausbruch Ergebnis eines wachsenden Drucks auf die Beschäftigten, die sich wenig Hilfe von den Arbeitervertretungen erhoffen können, da sie kaum Rechte gegenüber den Arbeitgebern haben.
Auch wenn die Löhne bei Sanyo über dem gesetzlichen Mindestlohn von 157 Baht (knapp zehn Mark) pro Tag liegen, kommen die Beschäftigten damit kaum aus. In der Hauptstadt steigen Preise – und Erwartungen – rapide. Gleichzeitig wachsen Mißtrauen und Angst um den Arbeitsplatz in den technologisch einfachen Industrien, da in- und ausländische Investoren ihre Fabriken bereits in die billigeren Nachbarländer verschoben haben. Nach Schätzungen der Siam Commercial Bank könnten in diesem Jahr fast 500.000 Jobs in Thailand verlorengehen. Mit dem internationalen Konkurrenzdruck rechtfertigen viele Betriebe ihre niedrigen Löhne. Schätzungen zufolge zahlen kaum mehr als 50 Prozent aller Firmen den Mindestlohn.
Im Fall der Firma Sanyo ist noch offen, ob es sich tatsächlich um eine spontane Brandstiftung wütender Arbeiter handelt. Gestern sagte ein Polizeisprecher, das Feuer sei offenbar gut vorbereitet worden. Ein Sanyo-Sprecher blieb gelassen: Verbrannte Waren und Hallen waren versichert.
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