: Deutsch-tschechischer Vertrag: Es ist vollbracht
■ „Ein historischer Tag“: Die Außenminister Kinkel und Zieleniec unterzeichneten in Prag das Protokoll zur deutsch-tschechischen Aussöhnungserklärung
Prag (AP/taz) – Deutsche und Tschechen haben ihre durch Krieg und Vertreibung belasteten Beziehungen auf eine neue Grundlage gestellt. Die Außenminister Josef Zieleniec und Klaus Kinkel billigten nach anderthalb Jahren harter innen- und außenpolitischer Verhandlungen die deutsch-tschechische Aussöhnungserklärung. In ihr bekennt sich die tschechische Seite erstmals schriftlich zur Vertreibung und bedauert die dabei den Deutschen zugefügten Grausamkeiten, ebenso wie die deutsche Seite die Greuel Nazi-Deutschlands an Tschechen und Slowaken vor und während des Zweiten Weltkriegs bekennt.
Die Erklärung sieht auch einen deutsch-tschechischen Zukunftsfonds vor, der von deutscher Seite mit 140 Millionen und von tschechischer Seite mit 25 Millionen Mark ausgestattet werden soll. Zieleniec erklärte, mit dem Dokument werde nach dem Eisernen Vorhang zwischen beiden Ländern ein weiterer Vorhang niedergerissen: „Der der Angst und des Mißtrauens.“ Gewonnen hätten beide Nationen; verloren hätten auf beiden Seiten jene, „die aus der Spannung zwischen den beiden Ländern ein Geschäft gemacht haben“.
Kinkel sprach von einem „historischen Tag“. Nach Kinkels Worten bekennen sich in dem Dokument beide Seiten mit Mut zur historischen Wahrheit und in „einer fast präzedenzlosen Weise zu den Verbrechen, die beide Völker begangen haben“. Er versprach, Deutschland werde sich in besonderer Weise für die Aufnahme der tschechischen Republik in die EU und die Nato einsetzen. Die Sudetendeutschen müßten in die nun folgende Zusammenarbeit einbezogen werden.
Beide Minister betonten übereinstimmend, es werde keine Ergänzungen dieser Erklärung durch die Parlamente geben. Ungeachtet anhaltender Widerstände seitens kommunistischer und sozialdemokratischer Kreise in Prag und der Sudetendeutschen Verbände in Deutschland wollen Bundeskanzler Helmut Kohl und der tschechische Ministerpräsident Václav Klaus die Erklärung voraussichtlich am 21. Januar in Prag endgültig unterzeichnen. Daran anschließend soll sie in beiden Parlamenten behandelt werden, vor denen die Präsidenten des jeweils anderen Landes sprechen sollen.
Vor Unterzeichnung der Erklärung im Prager Außenministerium zündeten die Minister symbolisch die Kerzen an einem Weihnachtsbaum in einem Prager Gymnasium an. Außenminister Klaus Kinkel legte zudem Kränze an einem Mahnmal für tschechische Opfer des Nationalsozialismus sowie an einem deutschen Soldatengrab nieder.
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