: Wie unser Weihnachten wurde
■ Der Koran warnte schon früh vor einer Mythologisierung des Jesus, Sohn der Maria / Unsere Weihnachtsbräuche (6 und Schluß)
Tag, Monat, Jahreszeit, ja selbst das Jahr der Geburt des Jesus sind schlicht unbekannt. Das war in den ersten Jahrzehnten unter den Anhängern des Jesus kein Problem. Im 3. Jahrhundert begann man sich ganz anders für den Jesus aus Nazareth zu interessieren: Jesus sollte von Geburt an göttlich gewesen sein, war die neue Lehre. Im Koran wird auch die Geburt Jesu berichtet, da geht es vor allem um Maria, die unbefleckte Empfängnis. Der Jesus ist nach dem Willen Gottes entstanden, aber nicht selbst Gott. Darum ging damals die theologische Debatte. „Ihr Leute der Schrift“, mahnt die 4. Sure, „übertreibt nicht... Der Messias, Jesus, Sohn der Maria, ist Gesandter Allahs und sein Wort, das er in Maria legte, und Geist von Ihm. Also glaubt an Allah ... und sagt nicht: Trinität. Laßt ab, das ist besser für Euch, Gott ist ein einziger Gott...“
Die Geburt des Propheten Jesus wird in arabischen Ländern durchaus mitgefeiert, nicht aber die Geburt des „Einzigen“. Zunächst wurde als Tag der Geburt der 20. Mai errechnet, auch einmal der 28. Mai. Voller Überzeugung galt zeitweise der 7. April als Geburtstag, weil an diesem Tag Isaac sein Opfer gebracht hatte, oder der 28. März, weil dies der vierte Schöpfungstag sei, an dem die Sonne geschaffen wurde.
Die Debatten um den Geburtstag und das Gedenken der Geburt verbanden sich dann mit dem religi-onsgeschichtlichen Ringen um die Einzigartigkeit des Jesus, der am Ende zu einem Teil einer „dreieinigen“ Gottheit erklärt wurde. Im vierten Jahrhundert setzte sich dann der 25. Dezember als Tag der Geburt durch – der Tag, an dem im römischen Reich der „Sol invictus“ vor der Mehrheit der Gesellschaft gefeiert wurde. Von Persien bis Britannien hatten die römischen Soldaten den Mithras-Kult mit diesem Saturnalien-Fest verbreitet – Kaiser Theodosius erhob diesen Termin als Jesus-Geburt im Jahre 381 auf dem Konzil zu Konstantinopel zum Dogma.
Das ganze Mittelalter hindurch bestand die christliche Feier aber aus einer schlichten Mette, später dann ausgeschmückt mit einem Mirakelspiel um die Krippenlegende. Wo die sechs Wochen vor dem Fest gefastet wurde, da gab es für den 24. den Brauch eines einfachen Fisch-Essens zum Abschluß des Fastens, am 25. durfte dann richtig gefeiert werden.
Das Wort „Weihnachten“ taucht erstmals 1190 bei dem bayerischen Spruchdichter Spervogel auf. Erst auf dem Weg vom Süden in den germanischen Norden bekam das Fest der Christgeburt also den Namen Weihnachten und nahm noch manchen heidnischen Sonnenwend-Brauch auf. Zum Fest der Geschenke wurde Weihnachten erst durch die Eiferer der Reformation gemacht, die dem (katholischen) Heiligen Nikolaus das populäre Geschenke-Austeilen nicht gönnten. (vgl taz 6.12.)
Der Weinhnachtsbaum vollendete als unverzichtbares Zeichen die Christi-Geburts-Feier im 19. Jahrhundert, 1818 hatte der 26jährige Hilfspriester Joseph Mohr in Oberndorf in seiner Not ein schlichtes Kirchenlied geschrieben, das auch ohne die von Mäusen zerfressene Orgeln gesungen werden konnte: „Stille Nacht, Heilige Nacht...“.
K.W.
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