■ Mit deutschen Aktien auf du und du: Chemie kocht besser
Frankfurt (AFP) – Ein Wertpapier brachte die Börsen in Deutschland im ausgehenden Jahr ins Rampenlicht. Doch unter Fachleuten ist umstritten, wie dauerhaft die Wirkung der Telekom-Aktie sein wird, die am 18. November an die Börse ging. Auf den Märkten bestimmten 1996 andere Aktien den Trend und trugen den Deutschen Aktien-Index (DAX) auf neue Rekordmarken.
Der „Börsen-Renner“ waren 1996 die Anteilsscheine der Großchemie. Nicht zuletzt wegen guter Exportergebnisse überholte die Chemie im Wertzuwachs nahezu alle anderen Papiere. „Wer nur Chemie-Aktien im Depot gehabt hätte, wäre der König gewesen“, sagt Franz-Josef Leven vom Deutschen Aktieninstitut (DAI) in Frankfurt.
Das wird für 1997 aber kaum so bleibem. Spätestens nach den Hauptversammlungen der großen Konzerne im Frühjahr, auf denen noch einmal kräftige Gewinne und satte Dividenden ins Haus stehen, könnten die staatlich verordneten Einsparungen im Pharma-Bereich das Geschäft beeinträchtigen.
Auch abseits der Chemieaktien war das ablaufende Jahr mit rund 20 Prozent Wertzuwachs im DAX und dem zeitweiligen Sprung über die Marke von 2.900 Punkten im Dezember für Börsenkenner Leven ein „schönes Jahr“.
Doch die Börse kennt schließlich auch den Rückwärtsgang: 1987 verlor der Index fast 40 Prozent an Wert. Unter den Fachleuten in den großen Banken sind die Erwartungen für das kommende Jahr denn auch gemischt: So rechnen die meisten wie die Commerzbank mit einem Anstieg der Zinsen, der eine Stagnation bei der Kursentwicklung bringen dürfte. Andere wie die Bayerische Vereinsbank oder die Deutsche- Bank-Tochter Deutsche Morgan Grenfell sagen zwar noch einen mittelfristigen Kurssprung auf einen Indexwert von bis zu 3.200 Punkten voraus. Aber nur, falls die Anleger zumindest bis zum Sommer auf eine „große“ Europäische Währungsunion mit einem breiten Teilnehmerkreis spekulieren.
Sollte eine solche große Zahl von EU-Staaten von Anfang an an der Währungsunion teilnehmen, würde dies nämlich für Börsenkenner bedeuten, daß der Euro schwächer wird als die D-Mark. Dies wiederum würde die Exportchancen deutscher Unternehmen steigern und könnte so der Auto-, Maschinenbau-, Chemie-, Stahl- und Luftfahrtindustrie helfen. Deren Aktienwerte müßten folgerichtig steigen.
Die T-Aktie hat das Interesse der Bundesbürger am Aktienmarkt deutlich verstärkt. Die Zahl der Aktionäre stieg um rund 500.000 auf fünf Millionen an. Doch bis Aktien in Deutschland so populär sind wie in den USA oder Großbritannien, ist es noch ein weiter Weg. Die Aktienlobbyisten fordern, weitere Privatisierungen, mehr Steueranreize müßten her. Doch das beste Argument wären immer noch kräftige Wertzuwächse.
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