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Orthodoxer Widerstand gegen Hebron-Abzug

■ Jassir Arafat rechnet mit einem Abkommen über Hebron noch vor Silvester. Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Siedlern während der Weihnachtstage

Jerusalem (AP) – Der palästinensische Präsident Jassir Arafat erwartet eine Vertragsunterzeichnung zum israelischen Teilabzug aus Hebron bis Silvester. Dies teilte gestern ein Mitglied des Autonomierats mit. Die Verhandlungen hatten über die Weihnachtstage aber noch kein Ergebnis gebracht. Die Hardliner im israelischen Kabinett betonten unterdessen ihren Widerstand gegen den seit neun Monaten überfälligen Abzug aus der Stadt im Westjordanland, wo sich die Spannungen zwischen jüdischen Siedlern und Palästinensern in zwei Zwischenfällen entluden.

Die Delegationen Israels und der Palästinenser setzten gestern in Jerusalem ihre Verhandlungen ohne US-Vermittler Dennis Ross fort, der zur Berichterstattung nach Washington flog. Vor seiner Abreise sagte Ross am Mittwoch abend, er werde Präsident Bill Clinton einen positiven Bericht vorlegen. Am Montag werde er erneut in Israel eintreffen. „Ich hoffe und erwarte, daß wir bald danach ein Abkommen schließen werden.“ Hussan Chader, Mitglied des Autonomierats, erklärte, Arafat habe das Gremium darüber informiert, daß er mit einem Abkommen noch vor dem 1. Januar rechne.

Nach Angaben aus Verhandlungskreisen besteht Arafat auf einem festen Termin für den Beginn eines schrittweisen Truppenabzugs aus Hebron. Nach dem Friedensabkommen zwischen Israel und der PLO hätte dieser Schritt bereits im März erfolgen sollen. Am Dienstag hatten Arafat und der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu erstmals seit drei Monaten wieder direkt miteinander verhandelt. Israel besteht vor allem auf Schutzgarantien für die in Hebron lebenden 500 jüdischen Siedler.

Abgeordnete und Minister der ultraorthodoxen Koalitionsparteien kündigten an, daß sie dem angestrebten Hebron-Abkommen ihre Zustimmung verweigern wollen. In diesem Fall wäre Netanjahu auf die Unterstützung der Arbeiterpartei im Parlament angewiesen. Eine Gruppe von Rabbinern erklärte, daß sich die Soldaten einer Anordnung zum Abzug aus Hebron aus religiösen Gründen widersetzen müßten.

In Hebron war es auch über Weihnachten wieder zu Zwischenfällen gekommen. Soldaten hatten jüdische Siedler daran gehindert, drei leerstehende Häuser zu besetzen. Gestern wurde im Wohngebiet der Siedler ein Brandsatz geworfen.

Unterdessen kündigte die russische Regierung an, sie wolle sich wieder stärker dem Friedensprozeß im Nahen Osten zuwenden. Sowohl Netanjahu als auch Jassir Arafat wollten im kommenden Jahr Moskau besuchen, meldete die Agentur Interfax unter Berufung auf Vizeaußenminister Viktor Posuwaljuk.

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