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Wilmersdorfer Witwen gesucht

■ „Wohnraum gegen Hilfe“ sucht Alte mit großer Bude

Das Konzept ist eigentlich ganz simpel: Ältere alleinstehende Menschen oder Ehepaare, die in einer zu groß gewordenen Wohnung leben, vermieten ein Zimmer an einen jungen Menschen. Doch statt Mietgeld zu bekommen, helfen die Jungen den Alten im Haushalt. Je Quadratmeter Wohnfläche sollen die Wohnungssuchenden eine Stunde monatlich arbeiten, bei einem 20 Quadratmeter Zimmer also 20 Stunden im Monat Einkaufen, Saubermachen, Behördengänge erledigen oder den Hund ausführen.

Doch es gibt einen Haken an der Sache: Bisher haben sich zwar zahlreiche StudentInnen bei dem „Mobilen Interaktionsteam“, dem Initiator des Projekts „Wohnraum gegen Hilfe“ gemeldet, doch die Alten machen sich rar. „Eigentlich müßte es einen enormen Bedarf geben“, klagt Projektleiterin Ute Klare. Gerade in den gutbürgerlichen Vierteln Wilmersdorf und Charlottenburg gebe es genügend alte Menschen, die einsam in ihren riesigen Altbauwohnungen mit Stuck und Berliner Zimmer säßen.

Doch die Wilmersdorfer Witwen kneifen: Bisher scheiterten erfolgreiche Vermittlungen am Geiz – eine alte Dame wollte trotz zugesagter Hilfeleistungen dann doch eine satte Miete – oder an der Unfähigkeit, sich mit jungen Menschen auseinandersetzen zu müssen. Und in einem anderen Fall starb die Wohnungsinhaberin, die bereits eingewilligt hatte, plötzlich.

Doch Ute Klare hofft dennoch, daß das „generationenübergreifende soziale Experiment“ endlich in die Gänge kommt. So werde derzeit durch SozialarbeiterInnen, Pflegedienste, ÄrztInnen und in Apotheken geworben. Daß generationenübergreifendes Wohnen nämlich durchaus funktionieren kann, zeige ein ähnliches Wohnprojekt in Darmstadt. Auch dort habe es viel Überredungskunst gekostet. nau

Das Projekt wird von der gemeinnützigen Qualifizierungsgesellschaft ZIM, Wangenheimstr.27, 14193 Berlin, in Zusammenarbeit mit der Seniorenvertretung Wilmersdorf durchgeführt. Unter der Tel.nr. 891 45 63 werden interessierte ältere Menschen beraten.

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