Linker Journalist im Visier der Rechten

Wie ein krudes Netzwerk aus Rechtsintellektuellen und militanten Neonazis die Kampagne gegen den Publizisten und Rechtsradikalismusexperten Anton Maegerle organisiert  ■ Aus Berlin Barbara Junge

Vergitterte Fenster schotten das idyllische Wohnhaus ab. Der Blick von Anton Maegerle schweift nie arglos über die kleine Holperstraße. 30.000 Mark haben die Sicherheitsanlagen gekostet, die den Journalisten vor ungebetenen Besuchen schützen sollen. Das Haus und er selbst stehen unter Polizeischutz. Und das in einem winzigen Flecken in der nordbadischen Provinz. Von der Bundesstraße, jenseits des Baches, biegt gelegentlich ein Auto ab. Manchmal saßen Neonazis im Wagen, um Anton Maegerle auszukundschaften.

Sein Steckbrief ziert seit Monaten alle einschlägigen rechten Publikationen in der Bundesrepublik. Von Rechtsintellektuellen bis zu militanten Neonazis reicht die rechte Riege, die den Sozialdemokraten ins Visier genommen hat: eine Kampagne im Stile der „Anti- Antifa“ gegen einen, der die stille Organisierung rechter Netzwerke aufdeckt.

Vom rechten Bonner Politikprofessor Hans-Helmuth Knütter über den ehemaligen Friedensforscher Alfred Mechtersheimer bis zu Norman Kempken, einem Neonazi und Herausgeber des Einblicks, spannt sich die Allianz. Sie hat sich zum Ziel gesetzt, den Journalisten an seiner Recherche zu hindern und zugleich mögliche Nachahmer einzuschüchtern.

Seit Jahren berichtet Maegerle regelmäßig über stolze Deutsche – über die mit Glatze oder die mit Schlips – für das sozialdemokratische Magazin blick nach rechts, gelegentlich auch für die taz, die Frankfurter Rundschau und für die ARD-Sendung Report Baden-Baden. Er referiert für die Friedrich- Ebert-Stiftung, ist Mitglied im Arbeitskreis Rechtsextremismus der SPD in Baden-Württemberg und informiert auf Veranstaltungen über die Entwicklungen in der rechten Szene. Trotz der Veröffentlichungen der Rechten will er weitermachen, aber sicher fühlt er sich nicht mehr.

„Bei mir saßen sogar die Nazis schon auf der Haustreppe“, kommentiert Maegerle die Bedrohung für sich und seine Familie. Einer der Rechtsradikalen wohnt sogar im selben Ort. Zu einem Vortrag über Rechtsextremismus vor Mitgliedern der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft und der Volkshochschule im badischen Bühl konnte Maegerle im vergangenen Oktober nur mit Polizeieskorte in gepanzerter Limousine erscheinen. Im Internet hatten Rechtsradikale zum Aufmarsch gegen den Vortrag geblasen.

Anton Maegerle ist ein Pseudonym. Die erste Veröffentlichung im Juli 1996 in Alfred Mechtersheimers Informationsdienst „Frieden 2000“ hatte seinen bürgerlichen Namen enttarnt. Maegerle habe, so der Informationsdienst im DIN A4-Format, „in einer Vielzahl von Beiträgen die Grenzen zwischen national, konservativ, rechts, rechtsradikal und rechtsextrem systematisch verwischt und damit der Demokratie und dem inneren Frieden großen Schaden zugefügt“.

Der Schaden liegt wohl eher bei Mechtersheimer, der seit etwa zwei Jahren verstärkt an einer kommunikationsfähigen Vernetzung des nationalistischen Spektrums strickt. Die publizistische Tätigkeit des Anton Maegerle kann da nur stören.

Sie stört auch die Zeitung Junge Freiheit. Für die Postille des rechtsintellektuellen Nachwuchses ist Maegerle schon länger ein politisches Ärgernis: Er fällt unter die Kategorie „politisch korrekt“ – das neueste Feindbild der rechtskonservativen Vorhut. Die JF nahm die „Enttarnung“ Maegerles denn auch zum Anlaß, über den mißliebigen Journalisten zu klagen und dabei die aufrechten Rechten wie Alfred Mechtersheimer und Hans- Helmuth Knütter zu Opfern eines linken Journalismus zu stilisieren.

Die Kampagne gegen den baden-württembergischen Journalisten ist kein Zufallsprodukt, sondern Ausdruck einer der neuen Vernetzung des rechten Milieus. Nahezu jedes Magazin im rechtskonservativen Spektrum hat seinen LeserInnen einen Steckbrief von Maegerle präsentiert: Nach dem Friedensdienst 2000 hat im August das Ostpreußenblatt nachgezogen. Das Magazin des rechten Vereins „Bürger Fragen Journalisten e.V.“ mit dem Namen Transparenz in den Medien druckte die Informationen ebenso ab wie die DESG-inform der rechtsradikalen Deutsch-Europäischen Studiengesellschaft. Für das NPD-Organ Deutsche Stimme übernahm Norman Kempken das Outing. Sogar der Deutschlandbrief des Bundes Freier Bürger von Ex-FDP-Mann Manfred Brunner enthielt sich nicht der Kampagne.

Allem Anschein nach wird Maegerle quer durchs rechte Spektrum geoutet – und zwar auf koordinierte Weise. Im Büro des umstrittenen Hans-Helmuth Knütter laufen dabei die Fäden zusammen, wie ein Brief aus dessen Büro belegt. In einem Schreiben an die Redaktion Zeit-Fragen, jene Zeitung, die der rechten Psychosekte VPM zuzuordnen ist, regt ein Mitarbeiter Knütters, Burkhard Rinkens, die Veröffentlichung an: „In der Anlage füge ich Ihnen den Artikel von Herrn Prof. Knütter über die ,Enttarnung‘ des Anton Maegerle alias ... in der Jungen Freiheit vom 5. Juli 1996 bei“, heißt es in dem Brief. Und weiter: „Wir bitten Sie, den Artikeln in Ihrem Sinne zu verwenden und auf die Tätigkeit des ... im linken bis linksextremistischen Spektrum hinzuweisen.“