Gastkommentar
: Obdachlose ausgebootet

■ Recht auf Wohnung wird verweigert

Bei 15 Grad minus erbarmt sich die Bremer Öffentlichkeit der Wohnungslosen. Das ist gut so. Nützlich ist es auch, daß Mitarbeiter der Inneren Mission in der Stadt warme Suppe austeilen und daß das Ortsamt Mitte dazu aufruft, Schlafsäcke und Iso-Matten zu spenden. Die Kälte offenbart aber auch die Verfehlungen der Politik. Noch am 5. Dezember 1996 hat Christine Wischer in ihrer Antwort auf einen offenen Brief die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der „Tasse“ wissen lassen, in der Versorgung von Wohnungslosen sei Bremen „sicherlich weiter als andere bundesdeutsche Großstädte“. Denn hier habe sich die Sozialbehörde ein Belegungsrecht bei den Wohnungsbaugesellschaften gesichert, und außerdem biete sie eine ausreichende Zahl von Notunterkünften an. Entweder weiß die Senatorin nicht oder sie will es nicht wissen, daß alleinstehende Wohnungslose kaum eine Chance haben, von diesem Belegungsrecht zu profitieren. Faktisch verwehren Bremer Behörden alleinstehenden Wohnungslosen seit Jahren das Recht auf eine Wohnung. Für diesen Personenkreis sind in Bremen Notunterkünfte vorgesehen.

Und es sage niemand, für eine andere Politik fehle das Geld. Die sogenannten Billigpensionen, in denen alleinstehende Wohnunglose oft untergebracht werden, sind ja nur billig im Hinblick auf den Standard. Die Übernachtung in einem Zweibettzimmer – mit einem Zimmergenossen, den man sich nicht aussuchen kann – kostet in der Regel 30 Mark pro Nacht, ein solches Zimmer also mehr als tausend Mark im Monat. Auch die Kosten der Unterbringung im Jakobushaus werden nicht aus den Opferbüchsen der Kirchen bestritten. Pro Tag kostet die Unterbringung eines Wohnungslosen in einem der regulären Zimmer dieser Einrichtung der Inneren Mission die Stadt 135 Mark. Wohnungslose, denen dieser Sachverhalt bekannt ist, empören sich nicht nur im Winter über solchen Unsinn.

Es ist also nicht die Notlage Bremens, die bessere Lösungen verhindert, sondern es ist die Gedankenlosigkeit von Politikern und Behördenvertretern, die in geordneten materiellen Verhältnissen leben. Aus ihrer Sicht sind Menschen, die ihre Wohnung verloren haben, aufs Kreatürliche reduziert. Deshalb sind sie dann auch baß erstaunt, wenn diese das ihnen angebotene „Dach über dem Kopf“ nicht akzeptieren. Auf die Frage eines Journalisten von Radio Bremen, warum er nicht in eine der Notunterkünfte gehe, sagte Jan Schnackenberg drei Tage vor Weihnachten: „Weil ich als Mensch behandelt werden will.“ Heide Gerstenberger,

Hochschullehrerin und im Vorstand der „Tasse“