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Locker und rechtsstaatlich

Liberaler Strafvollzug bleibt bestehen, bekräftigt der Justizsenator trotz der dreifachen Flucht aus Santa Fu  ■ Von Marco Carini und Karin Flothmann

Er steckt in einem Zwiespalt, Hamburgs Justizsenator Wolfgang Hoffmann-Riem (parteilos). Einerseits muß es ihm darum gehen, „die Sicherheit der Bevölkerung zu gewährleisten“, erklärte er gestern. Andererseits sieht das liberale Strafrecht vor, „daß Gefangene wie mündige Bürger behandelt werden.“ Und als solche dürfen sie zum Ende ihrer Haftzeit, teils bewacht, teils selbständig, eine Zeitlang die Haftanstalt verlassen. Drei Inhaftierte der Fuhlsbüttler Justizvollzugsanstalt II „Santa Fu“ nutzten am vergangenen Samstag und am Montag diese Ausgänge, um sich aus dem Staub zu machen.

Die dreifache Flucht führte zur gewohnten Kritik an den Vollzugslockerungen in Hamburg. CDU-Justizsprecher Ralf-Dieter Fischer warf den Verantwortlichen im Strafvollzug „Betriebsblindheit“ vor. Und Frank Morgenroth vom Bund Deutscher Kriminalbeamter fragte sich, „ob die Sozialprognosen der Psychologen und Soziologen immer realistisch sind.“

Anders Hoffmann-Riem. Er ließ gestern keinen Zweifel daran, daß er „das Programm der Haftlockerungen nach wie vor für richtig“ halte. Außerdem sei es ein „Teil unserer rechtstaatlichen Kultur“. Zugleich räumte der Justizsenator ein, daß es für manchen wohl schwer verständlich sei, „daß Straftäter wieder an ein Leben in Freiheit herangeführt werden, selbst wenn sie ausbrechen und möglicherweise erneut straffällig werden.“ Daher lasse er derzeit überprüfen, ob die Vollzugslockerungen tatsächlich in vollem Umfang beibehalten werden könnten.

Gleichzeitig wies Hoffmann-Riem darauf hin, daß nur ein geringer Teil der Inhaftierten die Vollzugslockerungen mißbrauche. Im vergangenen Jahr seien bis November 19.929 Ausgänge genehmigt worden. Dabei seien 150 Häftlinge nicht zurückgekehrt – und das entspricht 0,75 Prozent. Rund ein Viertel der Flüchtigen kehre zudem freiwillig wieder zurück.

Möglicherweise wird auch einer der drei Flüchtigen von allein wieder nach „Santa Fu“ zurückfinden. Am Montag abend war ein wegen Vergewaltigung und räuberischer Erpressung verurteilter Mann nicht von seinem Ausgang zurückgekehrt. Er rief allerdings in der Haftanstalt an und bat um eine Verlängerung seines Ausgangs, da er sich noch eine Wohnung angucken wolle. Das offizielle Haftende des 28jährigen wäre 1999 gewesen. Er hätte aber gute Chancen gehabt bereits am 3. Februar dieses Jahres entlassen zu werden, teilte die Justizbehörde mit.

Wenige Stunden zuvor war dem 30jährigen Ingo F. die Flucht gelungen: Der beinamputierte Mann, der wegen mehrerer Banküberfälle samt Geiselnahme zu insgesamt acht Jahren Haft verurteilt worden war, türmte bei einem Gang zum Arbeitsamt, obwohl er von einem Justizbeamten begleitet worden war. Nach ihm und dem 40jährigen Uwe Z., der am Samstag das Weite gesucht hatte, fahndet die Hamburger Polizei „mit Hochdruck“.

Für Justizsenator Hoffmann-Riem und den ebenfalls unter Druck geratenen „Santa-Fu“-Leiter Jobst Poenighausen“ kündigt sich unterdessen weiteres Ungemach an. Gegen beide hat Jens Stuhlmann, Sprecher der Santa Fu-Insassenvertretung, Strafantrag wegen „fahrlässiger Tötung“ gestellt. Er wirft ihnen vor, mitschuldig am Tod des Inhaftierten Frank W. zu sein, der am 27. Dezember in „Santa Fu“ an Herzversagen gestorben war. Durch die von beiden zu verantwortende Einschränkung der Dienstbereitschaft der Sanitätsbeamten in der Anstalt, sei jede Hilfe für den Sterbenden zu spät gekommen.

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