: Ortsgesetz soll Freimarkt schützen
■ Hanseatische Veranstaltungs-GmbH übernimmt Bewirtschaftung der Bürgerweide Privatisierung?
„Zur nächsten Osterwiese ziehen wir einen Zaun um die Bürgerweide und verlangen 25 Mark Eintritt.“ Torsten Haar, Pressesprecher von der Hanseatischen Veranstaltungs GmbH (HVG), war gestern offensichtlich noch zum Scherzen aufgelegt. Elke Kröning hingegen, Sprecherin der AfB-Bürgerschaftsfraktion, versteht in Sachen Amusement keinen Spaß. Sie nimmt vielmehr ihre Sache – in diesem speziellen Fall ihre Aufgabe im Bremer Marktausschuß – sehr ernst: Die Bewirtschaftung der Bremer Bürgerweide wird demnächst vom Stadtamt der HVG übergeben, und Elke Kröning befürchtet eine Explosion von Stand- und ergo Bummelpreisen. Ein Ortsgesetz, das den Verbleib der Bremer Volksfeste in städtischer Hand garantiert, hat die AfB beantragt.
Über der Osterwiese, dem Freimarkt und dem Vegesacker Markt dräut, so Elke Kröning, das Thema Privatisierung. Ein Thema, das zur Zeit die Republik bewegt. Beim Canstatter Wasen-Rummel in Stuttgart wurde es gerade noch abgebogen, in Berlin ist der Weihnachtsmarkt an die städtische Verwaltung zurückgegangen. In den Niederlanden sollen Marktplätze bereits an meistbietende SchaustellerInnen versteigert werden.
Auch der Bremer Schaustellerverband wurde also schon mal prophylaktisch vorstellig bei Bürgermeister Scherf, Wirtschaftssenator Perschau und Innensenator Borttscheller (beide CDU), um an den Vertragsverhandlungen mit der HVG beteiligt zu werden. „Der erste Vertragsentwurf wurde uns jetzt vorgelegt“, meldete gestern Verbandsgeschäftsführer Carl-Hans Röhrßen. „Unsere wichtigste Forderung ist darin erfüllt“, so Röhrßen. Organisation und Standvergabe von Osterwiese und Freimarkt bleibt in Händen des Stadtamtes, in persona des Marktleiters Wolfgang Ahrens. Daß mit der HVG die Standgebühren nicht steigen werden – die übrigens seit '91 stabil sind – sei allerdings im Vertrag nicht zugesagt.
„Da verhandeln wir noch“, sagt dazu Marktleiter Ahrens. Er stellt sich in etwa eine Klausel wie „Die Miete für die Volksfeste darf nicht negativ verändert werden“ vor. Die Angst vor einer Jahrmarkts-Privatisierung ist in seinen Augen eher eine „gefühlsmäßige“. Auch HVG-Sprecher Torsten Haar gibt sich nach seinem kurzen Ausflug ins Spaßige zum Thema sachlich: „An Freimarkt und Osterwiese wird sich nichts ändern. Unsere Kosten für Beleuchtung, Pflasterung oder den Klangbogen werden mit den Mieteinnahmen auf plus minus Null hinauslaufen. Wir richten unser Augenmerk vielmehr darauf, wie die Vermietung von Bürgerweide und den Hallen besser koordiniert werden kann, damit bei zwei Riesenveranstaltungen der Verkehr nicht zusammenbricht.“ Das werde in der Tat jährlich im Oktober zu Freimarktzeiten schwierig sein, man müsse aber nur für ein vernünftiges Park-and-Ride-System sorgen, denn: „Der Freimarkt darf nicht weg.“
Hier hakt auch Elke Kröning wieder ein, plädiert für die Einflußnahme des Marktausschusses als parlamentarisches Marktgremium und argumentiert mit der Werbe- und Wirtschaftskraft der Volksfeste. „Freimarkt, Osterwiese und Vegesacker Markt gehören zu Bremen wie Roland und Stadtmusikanten. Sie sind unverzichtbares Kulturgut.“
Und die taz hatte im Oktober '96 eruiert, daß der Bier-Trunkenheitsfaktor auf dem Freimarkt schon jetzt doppelt so teuer ist wie beim Münchner Oktoberfest. sip
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