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Soundcheck - Heute abend: Tiger Lillies

Heute abend: Tiger Lillies. Die Legende vom Aufstieg ohne Fall der Londoner Band will es so: Als einst Baal das Berlin der wilden Zwanziger verließ, um mit seiner geliebten Edith Piaf in einem Kellerloch in Soho hausend immer die gleiche Platte von Tom Waits aufzulegen, entstand die Musik der Tiger Lillies.

Die Wirklichkeit will es so: Der Talkings Heads-Kopf David Byrne vermeinte einst in einer europäischen Kaschemme in Martyn Jacques' Falsett-Gesang Waits unter Helium zu hören und im Ohrensessel-Drummer Adrian Hughes James Joyce zu erkennen, woraufhin er sie mit ihrem Kontrabassisten Phil Butcher nach New York lud.

Natürlich war auch diese Version ein schönes Märchen. Butcher hatte längst mit Iggy Pop gearbeitet und Hughes mit Sex Pistol-Produzenten Malcolm McLaren, als sie auf den Straßensänger, Gitarristen und Ackordeonspieler Jacques trafen... soviele Legenden. Es gibt aber ganz echte Musik: so echt Musik eben sein kann, wenn die Sesamstraße erwachsen wird.

Gequetscht wie Oscar aus der Mülltonne klingt die Gesangstimme, und auch der swingende Beseneinsatz auf dem Trash-Becken des Schlagzeugs lassen an verbeulte Hinterhof-Blechtonnen denken. Im Abendlicht, versteht sich, denn romantisch ist die Musik der drei Londonder natürlich bis zum Umfallen.

Ob sie „Beat me“, „I'm a swine“ oder von „Pimps, Pushers & Thieves“ singen: Die bizarre Klangwelt ihrer schleppenden Walzer und polterigen Polkas, die kruden Moll-Läufe des Ackordeons und der sich ganz english sophisticated gebende Baß laden stets ein zum Mond anheulen ein. Früher nannte man das Bänkelsang, heute spricht die Fachpresse von elegischem Folk-Punk. Christiane Kühl

Bis So, Foolsgarden, 20 Uhr

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