: Das Ende der Radweg-Diktatur
■ Berlin will dem Vorstoß des Bundesverkehrsministers zustimmen: Keine Zwangsbeglückung durch Radwege, aber Einbahnstraßen bleiben für Radler tabu
Wenn es um Deutschland, einig Radlerland geht, darf natürlich auch die Hauptstadt nicht fehlen. Wie aus der Senatsverkehrsverwaltung gestern verlautete, wird das Land Berlin der radfahrerfreundlichen Novelle der Straßenverkehrsverordnung zustimmen. Die Vorlage aus dem Hause von Bundesverkehrsminister Matthias Wissmann (CDU) sieht nicht nur die Einführung von „Fahrradstraßen“ vor, sondern schafft auch die Pflicht für Pedalritter zur Nutzung von Radwegen ab, wenn sich die Wege in schlechtem Zustand befinden oder mit 1,50 Meter und weniger nicht ausreichend breit sind. Die Novelle soll im Frühjahr im Bundesrat verabschiedet werden und könnte bereits im Herbst in Kraft treten.
Beim Radfahrerverband ADFC stieß der Vorschlag gestern auf Zustimmung. Vor allem in Berlin, wo 80 Prozent der Radwege schmaler als 1,50 Meter seien, müßte sich nun einiges bewegen, sagte ADFC-Pressesprecher Benno Koch. Das betrifft auch die nun mögliche Ausweisung von „Fahrradstraßen“. In der Novelle ist vorgesehen, Straßen mit einer maximalen KFZ-Belastung von 300 Fahrzeugen je Fahrtrichtung nur für Radfahrer freizugeben. Ausnahmen sind, je nach Vereinbarung, etwa für den Lieferverkehr oder PKW der Anlieger möglich. Die Kraftfahrer müßten sich in einer Fahrradstraße aber in jedem Fall den Radfahrern unterordnen.
Koch bedauerte zugleich, daß die seit langem geforderte Freigabe von Einbahnstraßen für Radfahrer aus der Novelle herausgenommen worden sei. Die Einführung von „unechten Einbahnstraßen“ bleibt nun Ländersache.
Während es in anderen Bundesländern gute Erfahrungen mit Radlern gibt, die gegen den Autostrom fahren, bleibt Berlin noch immer bei seiner harten Haltung. Zur Begründung hieß es aus der Verkehrsverwaltung, daß es zur Ausweisung einer „unechten Einbahnstraße“ einer baulichen Trennung, etwa einer Leitplanke, bedürfe. Außerdem müsse das Land bei möglichen Unfällen haften. Die Berliner Politik steht damit im krassen Gegensatz zu fahrradfreundlichen Städten wie Bremen oder Münster. In der westfälischen Fahrradmetropole ist, so hat es eine Studie bewiesen, nach der Freigabe von Einbahnstraßen für Radler die Unfallquote sogar gesunken. Uwe Rada
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