: Nachwuchs-Düsentriebs mit Schweinezähnen Von Ralf Sotscheck
Die Lieblingsfarbe von Kohlköpfen ist gelb: Wenn man sie mit gelbem Licht bestrahlt, wachsen sie schneller. Das gilt übrigens auch für Wasserkresse. Diese durchaus nicht uninteressante Erkenntnis stammt von drei 14jährigen Schülern aus dem irischen Dundalk, die vorige Woche am Wettbewerb junger Wissenschaftler teilgenommen haben. 535 Schüler und Schülerinnen aus ganz Irland haben Ferien und Freizeit geopfert, um die Wirkung von Antikaries-Mundspülungen auf Schweinezähne, den Zustand öffentlicher Toiletten oder die Sprungkraft indischer Stabinsekten zu erforschen.
Mit der Wissenschaft ist es wie mit dem Kampfsingen: Wie beim Europäischen Schlagerwettbewerb räumen die IrInnen auch beim europaweiten Jugend-Wissenschafts-Wettstreit jedes Jahr den Siegespokal ab, so daß die irische Preisvergabe so etwas wie eine Vorentscheidung ist. Besonders beliebt bei den NachwuchsforscherInnen sind Projekte, bei denen es um Tiere geht. „Jeder kennt die Geschichte vom Rattenfänger von Hameln“, meint die 15jährige Mary Cannon aus Dublin. „In jeder Geschichte steckt ein Fünkchen Wahrheit.“ Also baute Mary einen Irrgarten, setzte ein paar Mäuse hinein und spielte ihnen verschiedene Musikstilrichtungen vor. Rock schien die Mäuse nicht weiter zu interessieren, doch bei Country-Musik waren sie so fix und fertig, daß sie den Ausgang nicht mehr fanden. Am schnellsten flitzten sie aus dem Irrgarten, als Mary traditionelle irische Musik auflegte. Spricht das nun für diese Musik, oder haben sich die Tiere instinktiv in Sicherheit bringen wollen? Ein interessantes Phänomen wäre vermutlich zu beobachten gewesen, hätte man die Nager mit der Kelly Family beschallt: Kollektivselbstmord. Neue Untersuchungen haben ergeben, daß jemand 1993 im Tempel der Davidianer in Waco eine Kelly-Scheibe aufgelegt haben soll.
Um Mäuse anderer Art ging es zwei Schülern aus Cork: um die Staatsausgaben. Sie errechneten, daß durch ineffektive Straßenbeleuchtung umgerechnet 15 Millionen Mark im Jahr verpulvert werden. Außerdem seien solche Funzeln für Lichtverschmutzung verantwortlich, die nicht nur Astronomen den Nachthimmel vernebeln, sondern auch Nachttiere von der Futtersuche abhalten würde. Die Tiere verhungern, weil sie glauben, es sei ewig Tag. Die beiden Nachwuchs-Düsentriebs verfielen auf eine naheliegende Idee: Wenn man ein ausgeklügeltes System von Spiegeln in jeden Lampenschirm einbaut, kann man die Richtung des Lichtes bestimmen und die Nachtviecher im Dunkeln munkeln lassen.
Vordergründig um Tierschutz ging es auch drei 16jährigen vom Belvedere College in Dublin, obwohl ihre Leidenschaft in Wahrheit wohl eher am Wettschalter angesiedelt ist. Sie überlegten, wie der ideale Boden für ein Pferderennen beschaffen sei. Bei zu hartem Geläuf tun den Pferden die Beine weh, bei zu weichem Boden wird das Rennen zu einem verschnarchten Dauerlauf. Kippt man Wasser auf den harten Boden, versickert es einfach. Die Lösung: Schmierseife – biologisch abbaubar, versteht sich. Dadurch nehme der Boden 18 Prozent mehr Flüssigkeit auf. Ob die Gäule es lustig finden, mit Affenzahn eine eingeseifte Rennbahn entlangzuschliddern, ist allerdings fraglich.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen