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Freiheit für Kanarienvögel

■ Polizeipräsident Saberschinsky kündigt grundlegende Strukturreform bei den Ordnungshütern an: Antiquierte Zwölfstundenschicht soll abgeschafft werden. Schupos sollen Kripo entlasten

Kaum zu glauben, aber wahr: Die Polizei soll moderner werden. Mit einer Dynamik, die man ihm nie zugetraut hätte, kündigte Polizeipräsident Hagen Saberschinsky gestern im Innenausschuß des Abgeordnetenhauses die überfällige Reform seiner Behörde an: „Ich werde nicht kapitulieren. Wir werden die Schwierigkeiten meistern“, betonte der Polizeichef.

Die letzte Polizei-Reform liegt über zwanzig Jahre zurück. Zwischenzeitliche Versuche, den antiquierten Dienst in einer Zwölfstundenschicht bei der Schutzpolizei (Schupo) zu verändern, scheiterten stets an Gesamtpersonalrat und Gewerkschaften. Dreizehn Monate hatten Mitarbeiter von Polizeiführung und Innenverwaltung über dem streng geheimen Vorhaben gebrütet. Es heißt „verstärkte Einbindung der Schutzpolizei in die Kriminalitätsbekämpfung“, soll bis zum Sommer „verfeinert“ und dann in einer Direktion erprobt werden.

Ziel des Konzeptes, wie es Saberschinsky gestern vorstellte, ist eine effizientere Kriminalitätsbekämpfung in der Hauptstadt. Erreicht werden soll dies vor allem dadurch, daß die in den einzelnen Abschnitten angesiedelten rund 4.500 Beamte des Basisdienstes der Schutzpolizei verstärkt Aufgaben der Kripo übernehmen. Fortgebildete Schupos sollen künftig nicht nur Bagatelldelikte, sondern auch mittlere Straftaten wie schweren Diebstahl, Körperverletzung und unkomplizierte Betrugsfälle „ausermitteln“. Bislang wanderten die jeweiligen „Vorgänge“ bis zum Abschluß des Falls durch unzählige Beamtenhände. Daraus folge „Kästchendenken“ und „geistige Verkrustung“, schilderte Saberschinsky das Dilemma: „Jeder fühlte sich nur an seine eigene Zuständigkeit gebunden.“ Die rund 3.000 Kripobeamten will der Polizeichef zur Bekämpfung der schweren Kriminalität wie Banden- und Serienstraftaten bis hin zur organisierten Kriminalität einsetzen. „Die Spezialisten“ sollten ungestört „die Spezialisten“ jagen können. Außerdem sollen die Einsätze der Funkstreifenwagen reduziert werden. Die eingehenden Notrufe der 110-Zentrale sollen stärker als bisher auf ihre Dringlichkeit überprüft werden. „Der entflogene Kanarienvogel wird uns in Zukunft weniger beschäftigen“, so Saberschinsky.

Die Reform steht und fällt mit der geplanten Veränderung der Dienstzeiten bei der Schupo. Statt eines Zwölfstundenschichtdienstes und großzügigem Ausgleich dafür ist nun eine Kernarbeitszeit zwischen 6 und 22 Uhr geplant. Damit würden die Beamten allerdings bis zu 300 Mark Zulagen im Monat verlieren. Damit das Vorhaben nicht erneut an der Zustimmung des Gesamtpersonalrats scheitert, versprachen Schönbohm und Saberschinsky, sich für einen finanziellen Ausgleich einzusetzen.

Bei dieser Aussicht signalisierten Gesamtpersonalrat und Gewerkschaft der Polizei (GdP) gestern „grundsätzliche Zustimmung, wenn die sozialen Belange“ gewahrt blieben. Plutonia Plarre

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