piwik no script img

Ein Mann für Meyer-Verheyens Fälle

■ Wie eine Statt-Partei-Abgeordnete und Wucher-Vermieterin das Gesetz bricht

„Den Herrn Becker“ kennt die Mieterin Birgit Thiel gut. „Der hat doch die Wohnungsübergabe gemacht und war, bis er den Job aufgab, der erste Ansprechpartner für mich als Mieterin.“ Und zwar in dem Haus, das der Statt-Partei-Bürgerschaftsabgeordneten Rotraut Meyer-Verheyen gehört: Eickhoffstraße 39 in Wandsbek. Rudi Becker kümmerte sich jedoch nicht nur um die Mietsachen der Stattianerin. Gleichzeitig war er von Meyer-Verheyen als politischer Assistent angestellt – bezahlt von der Bürgerschaft.

Damit hat die Abgeordnete einer Partei, die als Anti-Filz-Truppe angetreten war, gegen die strikte Trennung von Politik und Geschäft verstoßen. Das Hamburger Abgeordnetengesetz (Paragraph 2) sagt klar: Die Bürgerschaft übernimmt keine Kosten für Assistenten, denen ein Abgeordneter „aus Dienst- Arbeits- oder Werkvertrag Entgelt zu zahlen verpflichtet ist“.

„Es hat keine Vermischung gegeben“, gibt sich Rotraut Meyer-Verheyen arglos. Becker habe doch lediglich „eine ganz kleine Nebentätigkeit“ für ihre private Hausverwaltung ausgeübt, „sechs bis acht Stunden die Woche“.

Praktisch gestaltet sich außerdem, daß sich die Hausverwaltung und ihr Abgeordnetenbüro – für das der Steuerzahler aufkommt – im selben Haus befinden und über dieselbe Telefonanlage zu erreichen sind. Und zwar alles in dem Gebäude, in dem die Familie Meyer-Verheyen auch wohnt. „Die Anlage konnte die Telekom nicht anders machen“, erklärt die Abgeordnete, warum man dauernd ihren Gatten an der Strippe hat, wenn man das Abgeordnetenbüro anruft. Die beiden Bereiche seien aber „räumlich getrennt“. Getrennt oder nicht: Nicht nur ihr Assistent, der Mann für alle Fälle, auch der Geschäft-Politik-Doppelpack sind nach dem Abgeordnetengesetz bedenklich. „Für die laufenden Kosten eines Büros (...) in Räumen, in denen das Mitglied seiner Berufstätigkeit nachgeht oder die Teil seiner Wohnung sind, wird kein Zuschuß gezahlt“, lautet der Gesetzestext.

Der neue Assistent, Hartwig Olszewski, sei nicht mit Mietsachen betraut, beteuert Meyer-Verheyen. Da er aber dieselbe Telefonanlage benutzt, „nehme ich gelegentlich Gespräche von Mietern an, stelle sie durch oder schreibe eine Nachricht auf“, so Olszewski.

Doch das ist nicht die einzige Unbill, mit der die Stattianerin sich derzeit herumschlagen muß. Fünf ihrer acht MieterInnen haben sie wegen „sittenwidrig überhöhter“ Miete verklagt. Gestern war die erste gerichtliche Wohnungsbegehung. Statt 12,67 Mark (Mietenspiegel) nimmt Meyer-Verheyen 20,97 Mark Miete pro Quadratmeter. „Ich habe kein schlechtes Gewissen“, sagt sie. Denn nach ihrer Auffassung sei das Haus in „guter Wohnlage“. Daß die Baubehörde es als „normale Wohnlage“ einstuft, habe ihr kein Mensch gesagt. Unsinn, sagt der Anwalt der Kläger, Ingo Lill. „Das war schon seit Mietbeginn normale Wohnlage.“

Rotraut Meyer-Verheyen kann das Verhalten der bösen Mieter und all die Schwierigkeiten gar nicht verstehen. Sie sei so eine „freundliche Vermieterin“. Sie habe ihren Mietern „sogar kleine Nikoläuse vor die Tür gestellt“. Silke Mertins

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen