■ Kommentar: Keynes für Manager
Neue Töne aus der Wirtschaft: Die Unternehmen machen sich Gedanken über die Nachfrage nach den Produkten, die sie herstellen. Gestern forderten die Industrie- und Handelskammern, der Staat solle mehr öffentliche Aufträge herausrücken. Straßenbau stand schon immer ganz oben auf der Wunschliste der Firmen, doch jetzt wird ihnen angst und bange, weil die Unis zusammengestrichen werden. Der Zeitpunkt scheint nicht mehr fern, an dem die Wirtschaft für mehr Sozialhilfe plädiert, damit die Leute sich wieder CD-Player und Schuhe leisten können.
Im Zeichen der Kohlschen Sparpolitik florierten viele Firmen früher sehr gut. Doch mittlerweile erreicht die Zahl der Konkurse eine Rekordmarke. In den Chor der Unternehmer mischen sich neue Stimmen. Schon beschreibt die Wirtschaftswoche mit bedauerndem Unterton den „Tod der Inflation“. Sind es doch gerade die Sparpolitik und die Bundesbankideologie des knappen Geldes, die auf die private Nachfrage drücken. Die geringe Inflationsrate zeigt auch, daß die Bevölkerung zuwenig Geld in der Tasche hat. Da erfreut sich die schon totgesagte Theorie des britischen Ökonomen Keynes plötzlich neuer Beliebtheit. „Gebt Geld aus!“ heißt es nun an die Adresse nicht nur des Senats. Während sich in Bonn an diesem Punkt ein Zerwürfnis zwischen Kohl und dem Kapital abzeichnet, das die rot- grüne Opposition auf die Regierungsbank bringen könnte, sieht die Sache in Berlin leider anders aus. Hier drücken die Ex-Keynesianisten von der SPD selbst die Sparpolitik durch. Davon könnte bei der nächsten Wahl wieder einmal die CDU mit ihrem populistischen Frontmann Landowsky profitieren, der nur allzugern die jeweils aktuelle Stimmung nutzt. Hannes Koch
Siehe Bericht Seite 22
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