Querrille

Fünf Freunde - Aggro

(Autarc / eastwest)

„Clean living under difficult circumstances“, übersetzt Sänger Carsten Friedrichs die tiefere Bedeutung des wohlklingenden Titels ihres neuesten Werkes. Aber von wegen difficult circumstances – ganz unerwartet konnten sie einen Major Deal einheimsen. Wahrscheinlich hat Aggro deshalb den Erdbeereis-mit-Schirmchen-und-bunten-Streuseln-Effekt. Hinterher ist man einfach besser drauf. Selbst die leise Provokation „Liebling laß uns Waffen klauen und dann den Staat zu Schrott zerhauen“ ist musikalisch so nett mit Synthieklängen eingelullt, daß es schwer fällt, der Aufforderung nicht nachzukommen. Ansonsten hält sich die Regierungsfeindlichkeit in Grenzen. Die sechs, fünf Freizeitmusikerfreunde sind eben keine Rockschweine. Noch schlimmer als Poser finden sie die frustrierten, freudlosen Grunge-Kreaturen, die so unaggro sind, daß sie sich beim kleinsten Problem gleich die Kugel geben. Das muß doch nicht sein. Wenn die Gitarristin Julia Lübcke singt, daß man den, den man einmal geküßt hat, wahrscheinlich für immer lieben muß, kann man sich doch nicht mehr von der Brücke stürzen. Gegen häßliche Turnschuhe oder Sänger, die nicht singen können, spricht im Prinzip auch nichts, geben sie in „Richtig für mich“ zu. Für mich seid ihr auch richtig, obwohl der Gesang auf Aggro ab und zu gar lustig schräg gerät. Dafür wurde live eingespielt und mit mehr Dynamik als der Vorgänger Inspektor, Inspektor. Klasse Alltagssamples, wie immer ohne Botschaft, denn sie hassen deutsche Botschaften.

Michael Quell