Neue Waigels kehren besser

■ Christian Wulff ruft nach Reform von Steuersystem und Bundesfinanzminister

Hannover (taz) – Als „persönliche Profilierungsversuche, die unsere Arbeit nur stören“, hat Kanzler Kohl am Wochenende die unionsinterne Kritik an Theo Waigels Steuerreformplänen zurückgewiesen. Der niedersächsische CDU- Landeschef Christian Wulff, der die Personaldebatte um Waigel begonnen hatte, erhob dennoch weitere Vorwürfe gegen den Bundesfinanzminister.

„Bei der Steuerreform zeichnet sich eine unheilvolle Verquickung von Erhöhung der Mehrwertsteuer und Einkommensteuersenkung ab“, sagt Wulff gestern der taz. Dieses Nebeneinander sei nicht vermittelbar und biete der SPD in den nächsten zwei Jahren in den Wahlkämpfen in Niedersachsen und im Bund „erhebliche Diffamierungspotentiale“.

Da der große Wurf bei der Steuerreform zu scheitern drohe, müsse man an eine Umbildung des Bundeskabinetts denken, so Wulff weiter. „Neue Besen kehren gut, eine Neubesetzung im Bundesfinanzministerium kann da durchaus neuen Schwung bringen“.

Mit dem von Theo Waigel geplanten Artikelgesetz, das die Systematik des bisherigen Steuerrechts beibehält, droht die Union nach Auffassung des CDU-Politikers „in der Defensive steckenzubleiben“. Für notwendig hält Wulff eine grundlegenden Steuerreform, die alle Einkommensarten grundsätzlich gleich besteuere und die Steuersätze nachhaltig auf einen Stufentarif mit einem Eingangssatz von 15 und einem Spitzensatz von 35 Prozent senke. „Zu finanzieren ist eine solche Reform über den Abbau eigentlich aller Privilegien“, sagte Wulff. Zukünftig müßten alle Gewinne aus Grundstücks- und Aktienverkäufen besteuert werden. Auch bei der Abschaffung von Sonderabschreibungsmöglichkeiten gebe es noch viel Spielraum. „Alle Spitzenverdiener, bei denen heute oft gar keine Einkommensteuern zu holen sind, sollen künftig den niedrigeren Spitzensteuersatz auch zahlen.“

Die Steuervorteile von Arbeitnehmern will er allerdings auf ein Minimum zusammenstreichen. Neben der Kürzung des Arbeitnehmerfreibetrages, der Besteuerung von Überstunden- und Nachtarbeitszuschlägen will Wulff auch die bisherige Kilometerpauschale von 72 Pfennig auf eine Entfernungspauschale von 20 Pfenning zusammengestrichen sehen.

Neben Wulff hatte am Wochenende auch der hessische CDU- Fraktionschef Roland Koch die Steuerreformpläne des Bundesfinanzministers als ein „Klein- Klein“ kritisiert. Waigel will seine Pläne am kommenden Donnerstag präsentieren. Vorgesehen sind die Anhebung der Mehrwertsteuer auf 16 oder 17 Prozent und die Senkung des Spitzensteuersatzes von jetzt 53 auf dann 40 Prozent. Jürgen Voges