Nachgefragt: Reform verschleppt
■ Kröning (AfB) gegen Borttscheller
Anfang Januar kamen die Mitglieder der Deputation für Inneres frustriert von einer Sondersitzung, bei der es um die seit zwei Jahren angekündigten Reform der Polizeiführung in Bremen und Bremerhaven gehen sollte. „Luftnummer“ und andere böse Kommentare über den CDU-Innensenator Ralff Borttscheller waren zu hören, der sich in der Öffentlichkeit gern als durchsetzungsstarker Mann mit markigen Sprüchen präsentiert. Wir fragten die Oppositionsabgeordnete Elke Kröning (AfB), worum es bei dem Streit geht.
taz: Die städtischen Polizeihäuser von Bremen und Bremerhaven sollen organisatorisch zu einer „Landespolizei“ zusammengefaßt werden. Damit verliert der Bremerhavener Polizeichef seinen Titel. Was ändert sich sonst?
Elke Kröning: Nur der Oberbürgermeister wäre nicht mehr Chef der Polizei, ansonsten findet sich für alle Polizeiführer wichtige Arbeit. Die Abschaffung von zwei kommunalen und drei Landespolizeibehörden beseitigt Mehrfacharbeit in den Stuben, vermeidet personal- und zeitintensive Abstimmungen, setzt Personal frei für die Präsenz vor Ort und für Schwerpunktbildung. Nirgends könnte die Koalition so überzeugend Verschlankung und Effizienzsteigerung der Verwaltung demonstrieren.
Ändert sich für den Bürger irgendwas?
Ja, aber nur wenn man die frei werdenden Mittel in die Polizeiarbeit re-investiert, vor allem in eine moderne Technikausstattung. Die Schwerpunkte, die ich besonders im Auge habe, sind Organisierte und Gewaltkriminalität. Auerdem ist – um das Wort „Zeit ist Geld“ abzuwandeln – Sicherheit, das Produkt der polizeilichen Arbeit, abhängig vom Faktor Zeit. Kürzere Dienstwege schaffen schnellere Entscheidungen.
Wieviel Geld kann die Neuorganisation sparen?
Der Innensenator spricht selber von ca. 10 Mio. Mark, allerdings fehlt bisher eine präzise Wirtschaftlichkeitsberechnung.
Wenn die derzeitige Organisationsreform reine Geldverschwendung ist, warum schafft es der Innensenator Borttscheller nicht, das zu ändern?
Ich stelle mangelndes Engagement fest. Er sollte von seinem Vorgänger lernen: Was man nicht in den ersten zwei Jahren der Amtszeit schafft, schafft man gar nicht. Die gemeinsame Arbeitsgruppe mit den Vertretern des Finanzsenators, seines Parteifreundes Nölle, ist die Chance. Wenn Ralf Borttscheller in der ihm eigenen Schnoddrigkeit sagt, das Innenressort sei eher ein „Schleppkahn“ als ein „Schnellboot“, sollte er die Initiative ergreifen!
Traut er sich nicht? Will er die Reform seinem Nachfolger berlassen?
Das wäre ein Armutszeugnis. Die CDU muß die Sorgen der Bürger um die Innere Sicherheit ernst nehmen.
Der Koalitionsbeschluß über die Landespolizei datiert vom Juli 1995. Gibt es inzwischen wenigstens ein Konzept?
.Die von Grünen und AFB durchgesetzte Sondersitzung der Innendeputation endete in Frust auch bei den Parlamentariern der SPD/CDU-Mehrheit.
Wie kann man den Bremerhavenern ihre Angst vor dem Verlust der Eigenverantwortung nehmen?
Ich rate Senator Borttscheller, statt des von der Reformkoalition aus Ampel-Zeiten stammenden Ein-Säulen-Modells zu überlegen, ob nicht eine Landespolizei mit je einer Polizeidirektion in der Stadt Bremen und der Stadt Bremerhaven die Lösung des Problems sein könnte. Der Polizeidirektion Bremen könnte die bisherige Bereitschaftspolizei, der Polizeidirektion Bremerhaven die bisherige Wasserschutzpolizei eingegliedert werden. Fragen: K.W.
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