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Niemand will das Siemens-Hochhaus

■ Senat vertagt Entscheidung über Siemens-Immobilie und Firmen-Umzug erneut / CDU streitet

Welches Ressort zahlt die Zeche, wenn die Stadt für großzügige 19 Millionen dem Siemens-Konzern das auf dem Markt unverkäufliche Siemens-Hochhaus am Bahnhof abkauft? An dieser Frage hängt derzeit die Entscheidung des Senats, und die wäre die Voraussetzung für eine mögliche Umsiedlung der Verwaltungen des Konzerns ins High-Tech-Zentrum an der Universität. Für den Herbst war eine Entscheidung angekündigt (vgl. taz 25.11.96), „Vorlage für die Sitzung des Senats am 21.1.1997“ steht auf dem letzten internen Papier, aber auch am kommenden Dienstag steht das Thema nicht auf der Tagesordnung der Landesregierung.

Pferdefuß der Angelegenheit nach wie vor: Die Siemens-Zentrale in München will der Bremer Niederlassung nur einen zentralen Neubau mit den damit verbundenen Rationalisierungs-Effekten spendieren, wenn damit ein Immobilien-Geschäft verbunden ist. Für 19 Millionen nämlich soll die Stadtgemeinde das Siemens-Hochhaus am Bahnhof abkaufen. Die Siemens-Zentrale will fünf bis zehn Millionen drauflegen und hat damit für das sanierungsbedürftige alte Hochhaus einen Neubau an Bremens feinster Adresse.

Die Stadtgemeinde rechnet derweil zusätzlich zu dem Kaufpreis mit mindestens 15 Millionen Sanierungskosten, um das alte Bürohaus nutzen zu können: Die Fenster müssen erneuert werden, die Vollklimatisierung soll herausgerissen werden, um die jährlichen Unterhaltskosten von 1,2 Millionen auf 600.000 Mark zu drücken.

Vollkommen offen ist derweil, wer für das Siemens-Immobiliengeschäft zahlen muß. Wer auch immer das Siemens-Hochhaus nutzen wird, klar ist: Die Kosten-Mieten werden bei über 15 Mark pro Quadratmeter liegen. Der Finanzsenator hat in seine Beschlußvorlage deshalb hineingeschrieben: Wenn die Wirtschaftsbehörde dem Siemens-Konzern das Immobiliengeschäft ermöglichen will, dann soll sie dafür zahlen.

Das Perschau-Ressort aber will die Mietdifferenz für die zukünftigen Nutzer nicht zahlen, versicherte Wirtschafts-Sprecher Frank Schaer noch gestern. Daß die städtischen Behörden oder gar Eigenbetriebe zu kostenbewußtem Handeln erzogen und dann gegen ihren Willen zum betriebswirtschaftlich unsinnigen Umzug gezwungen werden sollen, hält der Bausenator für gar nicht „vermittelbar“.

Aus dem Dilemma soll nun ein Ausweg für Helden führen: Die Bremer Wirtschaftsfördergesellschaft (WFG) soll in einer Dreimonatsfrist das schaffen, was der Siemens-Konzern nicht geschafft hat, nämlich das Hochhaus privat verkaufen. Klar, daß Siemens keinen Kaufpreis unter den 19 Millionen akzeptieren würde, die die Stadt zu zahlen bereit ist. Angesichts eines völlig veralteten Hochhauses ein nahezu unmögliches Unterfangen. So bestätigt auch der Finanzsenator in seinem letzten Beschlußentwurf: „Ein isolierter Erwerb des Siemens-Hochhauses an sich käme bei Anlegen des strengen Maßstabes der Wirtschaftlichkeit nicht in Betracht.“ Aber ohne das Immobiliengeschäft spendiert die Münchener Siemens-Zentrale der Bremer Niederlassung nicht den Neubau.

Die Wirtschaftsförderer sind alles andere als begeistert über die Ehrenrunde, die sie drehen sollen. „Wir haben noch keinen offiziellen Auftrag“, sagt WFG-Chef Matys höflich zu der Idee. Aber auch ohne Auftrag fällt ihm niemand ein, dem er das Siemens-Hochhaus für diesen Preis anbieten kann. K.W.

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