piwik no script img

Indien: Ein Zuhause in der Ferne

■ Als Paying guest bei einer Familie im indischen Bundesstaat Rajasthan

Udaipur, wo sich Palast und Altstadtfassaden im See spiegeln, ist eine der schönsten Städte im Land der Rajputs: Rajasthan, dem südwestlich gelegenen indischen Bundesstaat, der für seine Paläste, Jain-Tempel und Kamelmärkte berühmt ist. Hausherr Rajendra Singh Rathore empfängt mich auf der Terrasse des großzügigen Familienanwesens, das er von seinem Vater, dem Schwiegersohn des Maharana (Fürsten) von Mewar, geerbt hat. Neben wundervollen Blumen und Pflanzen posiert eine Kanone. Rajputs tragen gerne ihre kriegerische Kultur zur Schau. Als Beschützer der Fürsten verfügten sie einst in Rajasthan über Macht, Einfluß und Großgrundbesitz. Im indischen Kastensystem nehmen sie nach den Brahmanen – Priester und Gelehrte – die höchste Stellung ein. Wirtschaftlich und auch politisch sind heute jedoch viele Angehörige von mittleren und niederen Kasten einflußreicher.

Rajendra weiht mich mit sonorer Stimme in die Philosophie der paying guest accomodation ein. Die Idee, Touristen in Privatunterkünften unterzubringen, wurde vor einigen Jahren von der Rajasthan Tourist Development Corporation angeregt. Die „Paying guest“-Angebote in Rajasthan haben sich inzwischen jedoch weit von der ursprünglichen Idee des Urlaubs in Familien entfernt. Die meisten Unterkünfte, die heute noch bestehen, sind zu unpersönlichen Gästezimmern geworden. Anders im Khudala House, so der Name des Einfamilienhauses der Rathores. Rajendra und Gita sind viel in der Welt herumgekommen und wollen Touristen ein Heim in der Ferne anbieten. Das Haus bietet zur Zeit zwei große Zimmer, ein kleiner Anbau ist im Entstehen. Gita arbeitet zur Zeit als Direktorin einer angesehenen Privatschule. Rajendra hat in den letzten Jahren Journalisten aus dem Ausland die Schönheiten der Region gezeigt, einen Film über Tiger im Ratambore-Nationalpark gedreht und vor Jahren als Schauspieler in dem Film „Octopussy“ mitgewirkt.

Rajendra begleitet seine BesucherInnen auf Wunsch mit seinem Jeep auf Tagesausflügen zu den Sehenswürdigkeiten der Umgebung von Udaipur: der monumentalen Tempelanlage in Ranakpur, die auf 1.444 Säulen besonders filigran gearbeitete Motive aus der indischen Mythologie vorführt, oder zu dem auf einem Hochplateau gelegenen Chittorgarh Fort, das Zeugnis von den großen Schlachten zwischen Mogulen und Rajputs ablegt. Die Fahrt zu der Bergstation „Mount Abu“, dem höchsten Punkt Rajasthans, ist eine Zweitagereise. Die Stadt Udaipur selbst bietet viele Attraktionen. Dazu gehört der kunstvoll eingerichtete große City-Palast und der Jain- Tempel inmitten der hügeligen Altstadt, wo Silberschmuck und Kunsthandwerk angeboten werden und Dachterrassencafés zum Ausblick auf den See einladen. Berthold Kuhn

Adresse: Rajendra & Gita Singh Rathore, Paying Guest Accomodation; 4, Khudala House. Udaipur 313001, Rajasthan/Indien.

Tel.: 0091-294-524363

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen