: Telefon unter Strom
Für die Rendite nach dem Atom: Die Hamburgischen Electricitätswerke wollen den Telekommunikationsmarkt aufrollen ■ Von Florian Marten
Bei den Hamburgischen Electricitäts-Werken (HEW) wird wieder geträumt. Gegen Ende des Energiemonopolzeitalters sucht das lokale Großunternehmen, Betreiber der AKWs Brunsbüttel, Stade, Brokdorf und Krümmel, sein Heil in neuen Märkten. HEW-Strategen sehen den Konzern, der über milliardenschwere Rücklagen verfügt, bereits als Komplettanbieter von Strom, Gas, Wärme, Wasser, Müllbeseitigung, Telekommunikation und Sicherheit. Der Einstieg in den Telekommunikationsmarkt ist dabei von entscheidender Bedeutung.
Mit der Gründung der Tochterfirma HanseNet, die in den nächsten Jahren 100 Millionen Mark in Glasfasernetze und EDV-Dienstleistungsangebote investieren will, und dem Zugriff auf ingesamt 7.000 Kilometer Leitungsnetze (Behördennetz, HEW-Netz, HHA-Netz) sehen sich die HEW für die Rallye auf dem Datenhighway strategisch gut gerüstet. „Unser Vorstoß ist sehr ernst gemeint. Die Dienstleistungsstadt Hamburg ist auch eine Datenstadt. Und da wollen wir mit dabei sein.“ Im Ton hanseatisch zurückhaltend, in der Sache durchaus kernig, kommentiert HEW-Sprecher Ulrich Kresse den Aufbruch in ein neues Unternehmenszeitalter.
Schon in wenigen Jahren soll die HEW-Tochter HanseNet der Hamburger Wirtschaft nicht nur Telekommunikationsleistungen in einem flächendeckenden Glasfasernetz anbieten. Die HEW fordern neben der Telekom auch Siemens und IBM heraus, wie HanseNet-Geschäftsführer Karl-Heinz Mäver gegenüber der taz betont: „Wir setzen nicht allein auf unsere 7.000 Netzkilometer in Hamburg. Wir werden auch Dienstleistungen an beiden Enden der Strippe anbieten.“ Ulrich Kresse erläutert: „Wir werden datenintensiven Firmen Angebote unterbreiten, Serviceleistungen von der EDV-Beratung bis zur Datenfeuerwehr.“
Mit gutem Grund: „Mit dem reinen Netzbetrieb“, so ein Insider, „läßt sich kein Geld verdienen. Das müssen die Dienstleistungen bringen.“ Fehlendes Know-how soll schlicht gekauft werden. HanseNet wird noch in dieser Woche mit großformatigen Stellenanzeigen auf die Jagd nach kompetenten Mitarbeitern gehen.
Damit nicht genug. Durch schriftliche Absichtserklärungen hat sich HanseNet bereits mit dem Konsortium von Mannesmann/Deutscher Bahn AG sowie dem ehrgeizigen Bündnis von RWE und Veba gegen die Telekom verbündet. HanseNet könnte so als lokaler Partner auch am liberalisierten Massenmarkt teilhaben. Sowohl das Mannesmann-Konsortium als auch RWE/Veba wollen zur jeweils größten Telefongesellschaft Deutschlands aufsteigen.
Der bisherige Weg in die neue HEW-Zukunft gestaltete sich jedoch äußerst mühsam: Mehr als neun Monate verhandelten die HEW mit der Stadt über den Zugriff auf das attraktive Behördennetz. Finanzsenator Ortwin Runde hatte gehofft, das Netz des Landesamtes für Informationstechnik (LIT) für 700 Millionen Mark losschlagen zu können. Erst das Ergebnis einer Ausschreibung ernücherte ihn.
Das Netz wurde jetzt für den schlappen Einmal-Betrag von 27 Millionen und eine jährliche Mietgebühr von 1,35 Millionen Mark langfristig an HanseNet verpachtet. Optimistisch kalkulieren die HEW nach taz-Informationen bereits mit einer zehnprozentigen Verzinsung des eingesetzten Kapitals.
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