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Die Rückkehr der Weißen

Zaires Mobutu-Regime bläst zum Sturm gegen die Rebellen im Osten des Landes. Franzosen und Belgier helfen mit Anwerbung von Söldnern  ■ Von François Misser

Die so oft angekündigte Offensive der Regierungsarmee von Zaire gegen die Rebellen im Osten des Landes scheint nun tatsächlich begonnen zu haben – mit Hilfe ausländischer Söldner. Übereinstimmenden Berichten zufolge befinden sich von Ausländern unterstützte Soldaten des Mobutu-Regimes an verschiedenen Fronten auf dem Vormarsch gegen die Rebellenallianz AFDL („Allianz der Demokratischen Kräfte zur Befreiung von Kongo-Zaire“) unter Laurent Kabila, die seit einigen Monaten weite Teile von Ostzaire kontrolliert und sich den Sturz des zairischen Präsidenten Mobutu auf die Fahnen geschrieben hat.

Vor einer Woche eroberte die Regierungsarmee nach Angaben des zairischen Botschafters in Belgien die Stadt Walikale zurück. Walikale war für die Rebellen die wohl wichtigste Etappe bei ihrem Plan, von ihren Bastionen in Goma und Bukavu an der Grenze zu Ruanda ins zairische Landesinnere auf die zweitgrößte zairische Stadt Kisangani vorzustoßen. Etwa dreißig Soldaten sind bei der Regierungsoffensive zwischen Walikale und Lubutu ums Leben gekommen. Mehr als hundert liegen verwundet in den Krankenhäusern von Kisangani, von wo das zairische Militär seine Offensive koordiniert. Bei den Kämpfen sollen auch zwei weiße Söldner getötet worden sein, deren Leichen die Regierung jedoch aufgrund eines Gegenangriffs der Rebellen nicht bergen konnte.

Auch im Kernland der Rebellion, der Provinz Nordkivu, hat die zairische Regierung wieder Fuß gefaßt – aufgrund eines Bruchs innerhalb der Rebellenallianz. Die Mayi-Mayi-Miliz, die sich 1995 in Kivu als eine Art Landwehr der Nyanga- und Bahunde-Völker gegen ruandische Hutu-Milizen bildete und sich vergangenes Jahr mit den AFDL-Rebellen unter Kabila verbündete, ist selbst in den Aufstand gegen die AFDL getreten, nachdem die AFDL die Integration der Miliz in die Rebellenarmee forderte. Gegen Mitte Januar übernahm sie nach belgischen Quellen die Kontrolle über den Flughafen der Stadt Butembo und erlaubte dort die Landung von zairischen Regierungssolaten und etwa dreißig ausländischen Söldnern. Letztere begannen danach einen Vorstoß nach Norden in Richtung der von der AFDL gehaltenen Stadt Beni. Bei den Söldnern soll es sich um Belgier und Franzosen handeln, die am 18. Dezember aus Europa nach Afrika flogen. Über weitere Söldneraktivitäten berichteten zugleich griechische Händler, die aus der nordostzairischen Stadt Mahagi 150 Kilometer nördlich von Bunia flohen. Sie sagten vor zehn Tagen in Uganda, ihre Stadt sei nun in den Händen von zairischen Regierungssoldaten, assistiert von Kämpfern aus Kroatien.

Die Rebellen scheinen also tatsächlich in die Defensive geraten zu sein, nachdem sie erst Anfang Januar die Eroberung des Gebiets zwischen Bunia und Isiro gemeldet hatten, wo sich Zaires Goldminen befinden. Sollte Zaires Armee dauerhaft die Oberhand gewinnen, wäre dies vor allem dem Einsatz ausländischer Elitekämpfer zu verdanken.

Kroaten und Angolaner kämpfen für Mobutu

Daß Mobutu seine alten ausländischen Freunde (siehe unteren Text) reaktiviert, war seit Oktober abzusehen, als die AFDL-Rebellen große Landesteile eroberten und eine von Frankreich gewünschte internationale Militärintervention in Zaire am diplomatischen Widerstand der USA scheiterte. Da Frankreich keinen Alleingang zugunsten Mobutus wagte, schien das zairische Regime Ende 1996 völlig isoliert. Am 11. Dezember verkündete ein zairischer Regierungssprecher, man sei nun bereit, mit „dem Teufel“ zu paktieren, um das verlorene Staatsgebiet zurückzuerobern. Im Parlament riefen Mobutu-Anhänger offen zur Anwerbung von Söldnern auf.

Im Dezember 1996 gab es die ersten Gerüchte, daß der Belgier Christian Tavernier – der einschlägige Kriegserfahrung in Afrika hinter sich hat – für Zaire ausländische Kämpfer rekrutiert, in Zusammenarbeit mit dem ruandischen Exgeneral Augustin Bizimungu. Bizimungu war Leiter der Hutu-Armee von Ruanda, die sich nach dem Völkermord von 1994 nach Zaire geflüchtet hatte und aus den dortigen Flüchtlingslagern im Herbst 1996 von den AFDL-Rebellen vertrieben wurde.

Anfang Januar berichtete die französische Presse ferner, 200 bis 300 Söldner aus Europa sowie aus Angola und Mosambik seien mit Hilfe des französischen „Söldnerkönigs“ Bob Denard in Richtung Zaire unterwegs, rekrutiert von einer Firma unter Leitung eines ehemaligen Wachmanns des französischen Präsidialamtes. Die Firma sei in Togo domiziliert und fungiere dort als lokale Vertretung des südafrikanischen Söldnerunternehmens „Executive Outcomes“, das bislang jede eigene Verwicklung in den zairischen Krieg bestreitet. Die Pariser Libération berichtete letzte Woche, es seien nunmehr etwa 300 Söldner aus Serbien, Kroatien, Rußland und Polen unter Führung des Belgiers Christian Tavernier an der Kriegsfront aktiv.

Da Zaires Staatskasse so gut wie leer ist, hat die zairische Regierung nicht selbst die Mittel, Ausländer zu bezahlen. So geht sie andere Wege: Der Mobutu-nahe zairische Unternehmer Bemba Saolona hat vor kurzem auf Leasing-Basis russische Flugzeuge gekauft, für die nun Piloten aus Polen und der Ukraine angeworben worden sein sollen. Zu Beginn des zairischen Bürgerkriegs im vergangenen Herbst sagte der zairische Premierminister Kengo wa Dondo gegenüber belgischen Unternehmern, daß diejenigen, die sich jetzt „treu“ verhielten, nach dem Krieg mit Vorzugsbehandlung bei der Vergabe von zu privatisierenden zairischen Staatsunternehmen rechnen könnten. Inzwischen sind bereits Verhandlungen über die Zukunft der riesigen Kupfer- und Kobaltkonzessionen in Zaires Südprovinz Shaba im Gange. Die kanadische Firma „Eurocan Ventures“, kontrolliert vom schwedischen Unternehmer Adolf Lundin, hat für den Fall des Erwerbs der Schürfkonzession von Tenge-Fungurume – eine der größten der Welt – Investitionen von 1,5 Milliarden Dollar über fünf Jahre versprochen.

Sollte die zairische Regierung mit ihrer Offensive Erfolg haben, ist eine Internationalisierung des Kriegs zu befürchten. Die Nachbarländer Ruanda und Uganda, die die AFDL-Rebellen unterstützen, werden kaum untätig bleiben, wenn die zairische Armee die Rebellion niederschlagen und an die ruandischen und ugandischen Grenzen zurückkehren sollte. Zaires neuer Generalstabschef Mahele hat außerdem noch weiter gehende Pläne. Nach Angaben der burundischen Hutu-Opposition sind Verhandlungen zwischen dem Umfeld des zairischen Präsidenten Mobutu und der Militärregierung von Burundi unter Major Pierre Buyoya im Gange. Buyoya soll bereit sein, der zairischen Armee den Flughafen der burundischen Hauptstadt Bujumbura zur Verfügung zu stellen, womit sie die AFDL-Rebellen in Ostzaire von hinten angreifen könnte. Im Gegenzug würde Zaire das Embargo aufkündigen, das die Nachbarstaaten Burundis nach Buyoyas Putsch im Juli 1996 gegen das neue burundische Regime verhängten, und zum Beispiel den zairischen Luftraum für Flüge von und nach Burundi öffnen.

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