: Denkmal für den Wundertäter
Die Expo 98 in Lissabon finanziert sich nicht wie versprochen von selbst. Die Bauarbeiten neben einem Slum gehen zu langsam voran ■ Aus Lissabon Theo Pischke
In Portugal ist eine Illusion geplatzt: Die Weltausstellung Expo 98 gibt es nicht zum Nulltarif für die SteuerzahlerInnen. Im Gegenteil. Eine „dicke Rechnung“ warte auf die BürgerInnen, verkündete kürzlich Jorge Coelho, stellvertretender Präsidialamtsminister und enger Vertrauter des Regierungschefs.
Dabei hatte Expo Generalkommissar António Cardoso e Cunha bis zu seinem Abgang am vorigen Dienstag immer wieder behauptet: „Die Weltausstellung finanziert sich selber.“ Noch in der vergangenen Woche hatte er vor dem zuständigen Parlamentsausschuß die alte Rechnung aufgemacht: Einnahmen von rund 2,7 Milliarden Mark, Ausgaben von 2,4 Milliarden Mark plus Zinsen. Unterm Strich: Plus-Minus Null.
Daß die Ausgaben um 330 Millionen Mark über der letzten Kalkulation vom März 1996 liegen, war für den Generalkommissar kein Anlaß zur Sorge: „In einem Land, wo die Menschen daran gewöhnt sind, daß schlecht gewirtschaftet wird, ist diese geringe Ausgabensteigerung ein wahres Wunder. Ich glaube, ich habe ein Denkmal verdient.“
Die seit Oktober 1995 regierenden Sozialisten (PS) versuchen nun, die Schuld für das finanzielle Desaster allein ihren Vorgängern in die Schuhe zu schieben. In ihrer Zeit als Opposition hatten sie das Projekt stets als „Größenwahn“ und „verantwortungslose Verschwendungssucht“ gegeißelt.
50 Mark für eine Eintrittskarte
Doch Ministerpräsident António Guterres trifft Mitverantwortung: Er hatte Cardoso e Cunha im Amt bestätigt und das Expo-Dossier lange einfach zur Seite gelegt. Jetzt, 16 Monate vor der geplanten Eröffnung der Show, steht die Regierung unter starkem Druck. Als oberste Priorität gilt für sie heute: Die Weltausstellung am Tejo-Ufer muß pünktlich am 22. Mai 1998 ihre Tore für die 8,3 Millionen erwarteten BesucherInnen öffnen. Doch schon jetzt sind die Bauarbeiten längst nicht so weit gediehen, wie der Zeitplan vorschreibt.
50 Mark soll die Tageseintrittskarte kosten. Und die Hälfte ihrer Einnahmen will die Expo aus dem Verkauf von Bauland für Büros und Geschäfte zum Quadratmeterpreis von rund 600 Mark erzielen. Daß es nach Einschätzung der portugiesischen Immobilienmakler-Vereinigung schon ein Überangebot an Bürofläche in Lissabon gibt, stört die Expo-Strategen offenbar nicht.
Gebaut wird auf insgesamt 330 Hektar entlang des Tejos bei den Docks von Olivais. Dort zeigte sich Lissabon stets von seiner häßlichen Seite: riesige Containerdepots, Ölraffinerien, Lagerhallen, Depots der portugiesischen Streitkräfte, Schrottplätze, ölverseuchte Böden und in der Luft Benzingestank. Die Docks von Olivais seien ein „Beispiel für das völlige Fehlen einer Umweltpolitik in Portugal“, schrieben die beiden Biologen Humberto Rosa und Paolo Serra Lopes vor Beginn der Expo-Bauarbeiten. Eine Sanierung dieses Geländes wird deshalb auch von Umweltschützern gutgeheißen. Sie stören sich allerdings am Expo- Gigantismus.
Auf dem Expo-Gelände sind 6.000 Arbeiter Tag und Nacht am Werk, davon rund 4.500 Immigranten aus den einstigen portugiesischen Kolonien in Afrika. Viele von ihnen wohnen in den Slums der portugiesischen Hauptstadt – etwa in Quinta do Mocho in Sichtweite der Expo. Zwar hat die Regierung einen Zeitplan für die Beseitigung der Baracken aufgestellt. Doch bis dahin werden noch Jahre vergehen. Die Umsiedlung der BewohnerInnen aus dem Slum in menschenwürdige Häuser ist für 2004 vorgesehen. Die Expo ist dann längst vorbei.
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