Das Portrait: Pekings Frau in der Kronkolonie
■ Rita Fan
Sie ist zierlich, ehrgeizig und scheut das offene Wort nicht: die 51jährige Rita Fan. Am Wochenende wurde die als treue Verteidigerin der chinesischen KP-Führung bekannte Hongkonger Politikerin zur Präsidentin der „Provisorischen Legislative“ bestimmt – jenes Gremiums, das künftig Hongkonger Gesetze nach dem Willen Pekings erläßt.
Wenn das Territorium nach 150jähriger britischer Kolonialherrschaft am 1. Juli 1997 unter die Herrschaft der chinesischen Regierung zurückkehrt, werden alle demokratisch gewählten Institutionen aufgelöst. Dazu gehört auch der Hongkonger „Legislativrat“, in dem sich zum Ärger der Kommunisten seit Anfang der neunziger Jahre immer mehr BürgerrechtlerInnen tummelten.
Statt dessen werden Rita Fan und die anderen 59 Mitglieder der „provisorischen Legislative“ ans Werk gehen. Nach ihrer Wahl zur Sprecherin am Samstag sagte sie auch gleich wie: Das neue Gremium werde sich nicht „in allen Einzelheiten“ an die bisher gepflegten parlamentarischen Spielregeln halten. Als erstes beschloß das „Schattenparlament“ die Abschaffung einer Reihe von Gesetzen, die unter dem derzeitigen britischen Gouverneur Chris Patten verabschiedet worden waren und die ein hohes Maß an Meinungsfreiheit und relativ demokratische Wahlen garantierten.
Für die Psychologin Rita Fan Hsu Lai-tai – so ihr voller, chinesischer Name – ist der neue Job auch ein persönlicher Triumph gegenüber Chris Patten: Denn der hatte sie kurz nach seiner Ankunft in Hongkong 1992 aus dem „Executive Council“, dem prestigereichen Beratergremium der Kolonialregierung, gekippt.
Seit 1983 war Rita Fan zudem Mitglied des – damals noch weitgehend von der Kolonialregierung ernannten – „Legislativrates“. Auch diesen Posten verlor sie nach den Reformen Pattens.
Bekannt wurde die Mutter zweier Kinder Ende der achtziger Jahre vor allem für ihre harte Haltung gegenüber den vietnamesischen Flüchtlingen, die zu Zehntausenden in Hongkonger Lagern festgehalten wurden: Die Boat people sollten ohne Federlesens sofort zurückgeschickt werden, notfalls auch mit Zwang, forderte sie – ganz im Sinne der Regierung in Peking, die am 1. Juli keinen einzigen dieser Flüchtlinge in dem Territorium vorzufinden wünscht. Jutta Lietsch
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