: Wo laufen sie denn?
■ Hamburgs Justizsenator will keine Privatisierung des Strafvollzugs
Sollen Hamburger Knackis künftig von privaten Sicherheitsdiensten verwahrt werden? Bürgermeister Henning Voscherau (SPD) fand die Idee vor kurzem in England recht hübsch. Nicht so Justizsenator Wolfgang Hoffmann-Riem (parteilos): „Der Umgang mit Verbrechen und seinen Folgen darf kein Geschäft sein“, sagte er gestern in der aktuellen Stunde der Bürgerschaft. „Wir müssen neue Wege gehen, aber nicht in die Einbahnstraße Kommerzialisierung.“
Das hörte die CDU, die den Privatisierungs-Sympathisanten Voscherau hoch gelobt hatte, gar nicht gern. An England zeige sich doch, daß nicht-staatlich geführte Anstalten billiger und besser seien, so Ralf-Dieter Fischer (CDU). „Es ist unverantwortlich, Herr Fischer, Privatisierung zu fordern, ohne zu sagen, daß dazu das Grundgesetz geändert werden muß“, erboste sich Hoffmann-Riem. Voscherau hätte zudem nur die Prüfung dieser Möglichkeit angeregt, versuchte er dem Eindruck entgegenzuwirken, es gebe Zwist auf der Regierungsbank.
Auch den CDU-Vorwurf, wesentlich mehr Häftlinge hätten Haftlockerungen mißbraucht, als der Senator zunächst zugab, wollte Hoffmann-Riem nicht auf sich sitzen lassen. Fischer hatte ihm „systematische Vernebelung“ vorgeworfen. Die überraschend hohe Zahl entlaufener Knackis sorge ihn zwar, so der Senator, aber es handele sich bei den 329 Fällen keineswegs nur um den geschlossenen Vollzug. Die CDU werfe leider alles durcheinander. Über 50 Prozent der Mißbräuche betreffe Drogenabhängige im offenen Vollzug.
Die SPD-Fraktion fand diese Rechtfertigung nicht überzeugend. Auf das offensichtliche Problem in der offenen Anstalt 12, so Sozialdemokratin Dorothee Stapelfeldt, habe Hoffmann-Riem „keine Antwort gegeben“.
Die GAL befürchtet, daß der Justizsenator sich von den Hardlinern in seiner Behörde unterbuttern läßt. Zahlreiche Fälle von Schikanierung seien ihm in jüngster Zeit bekannt geworden, so der rechtspolitische Sprecher der GAL, Manfred Mahr. Weder an den seit Jahren bekannten Mißständen in Santa Fu, noch an der Ungleichbehandlung der Knackis in verschiedenen Hamburger Anstalten habe sich etwas geändert. Silke Mertins
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