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Schattenhaushalte „getillt“

■ Wie der Senat durch kosmetische Streichung von drei Wörtchen 500 Millionen einsparte

Die Finanz-Verantwortlichen in den senatorischen Behörden sind derzeit sehr wortkarg, fragt man sie offiziell nach ihrer Prognose für die Umsetzung der aktuellen Finanzplanung. Und dabei spielt das Parteibuch keine Rolle. Sogar der Senator für Inneres, über die NF-Bank dem Finanzsenator auch privat geschäftlich verbunden, weiß nicht mehr weiter und sagt das intern deutlich: Er ließ am vergangenen Montag auch angesichts der seit Dezember auf ein Viertel reduzierten Sparvorgaben zum Beispiel folgende Erklärung zu Protokoll nehmen: „Das Ressort ... vermag nicht zu erkennen, wie diese Lücke geschlossen werden kann.“

Wenn die Sparziele so drastisch, wie Mitte Dezember vom Finanzsenator vorgelegt, umgesetzt würden, dann könnten die Bürger „letztlich am Sinn der Selbstständigkeit des Landes zunehmend zweifeln“, steht nun in einer offiziellen internen Senatsvorlage. Die Hälfte der im Dezeber einmal als „Ziel“ formulierten Sparsumme von 1 Milliarde für die Jahre 1998-2000 soll deshalb nur in neuen Formen ausgegeben werden – und nicht im Haushalt auftauchen. „Mit einem solchen Instrumentarium geht es gerade nicht darum, Schattenhaushalte neben dem normalen Haushalt zu bilden...“, beschwört der Finanzsenator die Lage. Und dann kommt es doch in den Beschlußvorschlägen wieder dreimal knüppeldick, das böse Wort: „Investitionsfinanzierung außerhalb des Haushalts“, Grundstückswesen „außerhalb des Haushalts“, um weitere Vorschläge für Aufgaben, die „außerhalb des Haushalts“ erledigt werden könnten, wird gebeten.

Gleich dreimal tauchte das „außerhalb des Haushalts“ in der Beschlußvorlage am 27.1. noch auf, in dem Senatsbeschluß vom 29.1. sind diese drei Wörtchen an allen drei Stellen verschwunden. Zu peinlich schien dem Senat offensichtlich der Ausdrückliche Verweis auf die Tatsache, daß die geringen Wachstumsraten der nächsten Jahre erreicht werden sollen durch Auslagerungen aus dem Haushalt.

So soll die Entwicklung der Hafengebiete einer „Hafenentwicklungsgesellschaft“ übertragen werden sollen, die dann auch „Finanzierungsaufgaben“ wahrnehmen soll. Schon derzeit sind im Häfenbereich mit die große Schulden-Summen außerhalb des Haushaltes verbucht, inzwischen muß der Senat bei seiner Finanzuplanung die „Tilgung aus Schattenhaushalten“ als einen systematischen ordentlichen Gesichtspunkt berücksichtigen. Für den Häfen-Bereich sind da in den Jahren 1997-2000 zusammen 500 Millionen Mark veranschlagt. Mit dabei: der Flughafen-Ausbau, vorfinanziert von der Flughafen-GmbH. Kaum ein Bereich, der nicht auch „außerhalb des Haushaltes“ bei den Banken in der Kreide steht: Der Waldorf-Schulverein bekommt im Rahmen der Schuldendiensthilfe „außerhald es Haushaltes“ jährlich 3-400 Millionen, für den Rennverein müssen jährlich 27 Millionen nachträglich finanziert werden, Krankenhäuser, Straßenbahn, Israelitische Gemeinde, selbst seine neue Vertretung in Berlin finanziert Bremen „außerhalb des Haushaltes“ vor.

Mit der „Neuordnung der Aufgabenplanung“ sollen Kosten von ca. 430 Millionen für die Jahre 1998-2000 aus dem Haushalt hinausgeschoben werden. Auch der Stadtreparaturfonds soll nach den neuesten Beschlüssen nicht mehr aus Verkaufserlösen gespeist werden. Vor zwei Wochen hatte SPD-Fraktionschef Christian Weber noch den Verkauf der Bremischen und der Gewoba in der Bürgerschaft damit gerechtfertigt. Inzwischen wird versucht, Stadtreparatur unter dem Stichwort „Gebäudemanagement“ aus dem Haushalt auszugliedern – in Form von Leasing-Raten kommen die Kosten dann allerdings langfristig zurück. Nach bisherigen Beschlüssen ist nicht an kleine effizientere Einheiten gedacht, sondern an ein Mammut-Gebäudemanagement außerhalb des Haushalts.

In früheren Oppositionszeiten hatte die CDU mehrfach eine Offenlegung der Schattenhaushalte wegen der Haushalts-Klarheit gefordert. Nach Amtsantritt legte das Nölle-Ressort im Dezember 1995 dann auch eine vor – dies ist bis heute die letzte Zusammenstellung. Nach den alten Zahlen gab es damals einen Finanzumfang von 2,78 Milliarden „außerhalb der Haushalte“, das sind knapp 50 Prozent des gesamten Bremischen Staatsetats. „Vulkan-Risiken“ außerhalb des Haushaltes und ganz allgemein wertlose Beteiligungen tauchten in dieser Darstellung damals nicht auf. K.W.

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