: Scharfe Proteste gegen Tagung zur Sterbehilfe
■ Behinderte wollen Veranstaltung an Katholischer Akademie in Trier verhindern
Berlin (taz) – „Euthanasiebefürwortern darf kein öffentlicher Raum zu Verbreitung ihrer Thesen gegeben werden.“ So oder ähnlich lauten die Protestbriefe, die in den letzten Tagen bei der Katholischen Akademie in Trier eingingen. Die für das kommende Wochenende geplante Tagung über „Euthanasie und Selbstbestimmungsrecht“ müsse von der Weiterbildungsstätte sofort abgesagt werden, fordert ein Bündnis von Behindertenverbänden, und Studentvertretern.
Die Euthanasiegegner stören sich insbesondere an der Teilnahme des Mainzer Rechts- und Sozialphilosophen Norbert Hoerster, der schon seit längerem für die Ideen des australischen Bioethikers Peter Singers eintritt und sich für Euthanasie ausspricht. So ist Hoerster wie auch Singer der Auffassung, daß ein relevantes Lebensinteresse beim menschlichen Individuum allerfrühestens mit Beginn des vierten Lebensmonats entstehe.
Seiner Ansicht nach sei die Tötung von behinderten Neugeborenen zulässig. Auf der Tagung in Trier soll der Mainzer Professor über „Rechtsethische Überlegungen zur Sterbehilfe“ referieren. Hans-Gerd Wirtz, Leiter der Katholischen Akademie, gibt sich von den Protesten unbeeindruckt. „Die Tagung wird wie vorgesehen stattfinden“, beantwortete er die Anfrage, ob aufgrund der Kritik von dem ursprünglichen Konzept abgewichen werde. Und: „Im Vorfeld der Tagung haben wir uns natürlich gefragt, ob wir einen Vertreter einladen, der sich für die Euthanasie ausspricht, oder ob wir einfach unter uns bleiben sollen.“ Selbstverständlich trete die Akademie für das Lebensrecht ein, fügt er noch hinzu, doch „wir hielten es für notwendig, sich mit dieser Thematik auseinanderzusetzen, um eine pragmatische Antwort verhindern zu können“. Mit „Unverständnis und Entsetzen“ reagiert Gerhard Forner von der Berliner Lebenshilfe auf diese Argumentation. Über „unwertes Leben“ müsse nicht diskutiert werden, es sei denn, um sich „vom Gegenteil überzeugen zu lassen“.
Die Tagungsgegner trafen sich gestern Abend zu einer ersten Veranstaltung in Trier. Für das Wochenende sind Protestaktionen geplant. Wolfgang Löhr
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen