Kommentar: Beton statt Bier
■ Erst die Klinik, jetzt das Brauhaus: Ein Stadtteil wird amputiert
Es soll Leute geben, die dem eigenartigen Geschmack von Astra etwas abgewinnen können. Sie müssen jetzt fürchten, daß ihre Geschmacksknospen schon Ende 1997 mit einem ganz anderen Saft umspült werden, auch wenn dieser immer noch in den knubbelig-handfreundlichen Astra-Flaschen angeboten werden sollte.
Die Tragödie der voraussichtlichen Bavaria-Stillegung liegt jedoch nicht im Verzicht auf ein eigenartiges Geschmackserlebnis. Da geht es zuallerst um 500 bedrohte Arbeitsplätze. Eine Schließung von Bavaria hätte aber darüber hinaus weit dramatischere Folgen. Hier wird, ganz im Sinne der Propheten des Segens der Globalisierung, ein lebendiges Stück Stadt amputiert.
Strukturwandel in St. Pauli bedeutet Kommerzpaläste statt lokaler Arbeitsplätze, Touristenfallen statt regionaler Konsumgüterproduktion, LKW-Karawanen von Dortmund nach Hamburg statt lokaler Wirtschaftskreisläufe.
Dieser spekulative und zerstörerische Umgang mit lokaler Wirtschaftskraft, gefördert durch staatliche Subventionen, niedrige Energiepreise und Dumping-Preise beim Transport, hat auch langfristig fatale Auswirkungen: St. Pauli verliert ein Geflecht intakter sozialer und ökonomischer Strukturen.
Diese Art von Strukturwandel führt ins Abseits. Und wenn diesmal auch das gigantische Mißmanagement der Herren von Brau und Brunnen die Hauptschuld trifft: Mit der Schließung des Hafenkrankenhauses hat der Hamburger Senat an Ort und Stelle vorexerziert, wie Stadtteilamputation funktioniert. Florian Marten
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