: Läßt was tropfen
■ Ein schneekenntnisfreier Lawinenhund soll einer Bonner Kleinfamilie Quoten bringen: "Felix" (So., 20.15 Uhr, RTL)
Wer Lassie kennt, der weiß, was Hundemimen leisten können. Nun will uns RTL erneut einen Hund als Helden verkaufen. Doch der ist häßlich. Er hat Lefzen, die am Boden rumschlappen, wie zwei rot bemalte Putzlumpen. Er ist fett im Gesicht und an den Haxen. Seine Augenbrauen hängen über zwei drögen Augen herab. Sie haben nur Futter im Sinn. Eigentlich will er nur so ein Osterlämmchen zerfleischen. Aber ohne uns.
B.M. Instigator alias Gator heißt dieser Bello, und er bellt englisch. Er wurde auf der Farm der „Studio Animal Services“ zum Mimen abgerichtet wie sein Ex-Studienkollege Schimpanski. Seine Karriere begann er als Action- Hund mit dem Kinoflop „Ein Hund namens Beethoven“. Dann folgten Auftritte in der Futterwerbung. Jetzt will er sich seine Lammkeulen im deutschen Fernsehen als Serienhund verdienen. Von Sonntag abend an spielt er uns den Bernhardiner Felix, der einer Bonner Kleinfamilie dabei helfen soll, Quote zu machen. Diese Kleinfamilie lebt ein übliches Serienleben und wird von ganz alltäglichen Schauspielern gespielt. Denn sie sind Menschen und wollen nur ein bißchen Geld verdienen, das ihnen die Hans-Meiser-Firma Creativ gibt. Aber die Töle Felix rammt ihnen das Familienauto und spielt sie derbe kläffend und hechelnd an die Wand. Dann verwüstet er Rosenbeete, verliebt sich, wird Vater, leidet an Treulosigkeit, verbeißt sich in einen Kampfhund und rettet einer miesen Talk-Show das Leben. Schließlich haut er ab. Doch so ganz genau weiß man das nicht.
RTL hat der Presse nur die dritte Folge der Serie zur Vorabkritik zugeschickt. Ziemlich unübliche Sache, das. Das Buch zu dieser Folge haben zwei amerikanische Spitzenautoren geschrieben, Keith Cunningham und Tom Schlesinger. Die zeigen uns wenigstens, was so ein Hund im deutschen Fernsehen sein könnte: Ein knurrendes, mythisches Wesen, das reihenweise Menschen rettet und sie stur und schweigsam ihrem Seelenheil entgegenführt. Ein typischer Lawinenhund eben, der ein Fäßchen Grog oder Rum um den Hals trägt und Jung und Alt besoffen vor Glück werden läßt. Allein: Gator kennt gar keinen Schnee. Er kommt aus Kalifornien. Wenn er eine Lawine daherdonnern sieht, dann denkt er sich hundsklug, daß das eine riesige, eingepuderte Lammkeule ist, wedelt töricht mit dem Schwanz und läßt was von den Lefzen tropfen. Lassie war anders. Er war ein Charakterköter. Marcus Hertneck
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