Hübsch spektakelfrei

■ Räsoniert wieder: „Sperling und der gefallene Engel“ (Sa., 20.15 Uhr, ZDF)

„Ich bin nun mal, wie ich bin.“ Wenn Meret Becker diesen Satz sogar ins Drehbuch geschrieben bekommt, kann man sich getrost dem Wesentlichen zuwenden: Es gibt zwei Varianten, wie Männer mit Bauch ihre Hosen tragen. Helmuth Kohl beispielsweise trägt sie bevorzugt über dem Bauch, Berliner Taxifahrer und Hauptkommissar Hans Sperling hingegen favorisieren die Bauch-über-Hose-Variante. Letzter sagt auch Sätze wie: „Täter ist Opfer, Opfer ist Täter. Das hatten wir doch schon mal.“ Dieter Pfaff ist Hans Sperling, und Sperling ist Pfaff. Auch das hatten wir schon mal. Und nun ist er wieder da. Und wer bereits in der ersten Staffel nicht so recht verstanden hat, warum Sperling und Kollegen in einer Villa vor den Toren Berlins untergebracht ist, wird es auch jetzt nicht begreifen. Es ist eben so. Und schön außerdem.

Nun ist aber die ehrenwerte Andersartigkeit der „Sperling“-Krimis (Buch nach wie vor: Rolf Basedow) zugleich auch deren eigentliche Crux. „Sperling“ will kein etatsprengender „Krach-und-Bumm- Krimi“ sein, wie Pfaff sich ausdrückt, sondern der Wirklichkeit Gerechtigkeit widerfahren lassen, weswegen auch im „gefallenen Engel“ kein spektakuläres Verbrechen im Vordergrund stehen soll, sondern die Charaktere all derer, die mit einem Verbrechen zu tun haben: Täter, Ermittler, Mittäter. Und unter der Regie von Kai Wessel und mit der Kamera von Michael Epp gelingt das auch. Vor allem natürlich wegen des Melancholikers Sperling selbst; aber auch die überzeugend besetzten Neben- und Kleinstrollen tragen ihre Biographien bescheiden wie einen Schatten mit sich.

Allerdings verliert solche Detailverliebtheit gern den großen Spannungsbogen aus den Augen. „Darf ich daran erinnern, daß wir an der Einbruchserie dran sind!“ sagt Kollege Wachutka zur Halbzeit. Danke, Wachutka, das hätten wir fast vergessen. Man mag sich ohnehin fragen, warum diese Polizisten um einen Routinefall eigentlich so viel Aufhebens macht. So gesehen sind Krimisehgewohnheiten vielleicht auch „Sperlings“ Glück: Man sieht Krimis bis zum Schluß – sei es in der Hoffung, daß noch mehr kommt als wirklich wunderbare Luftaufnahmen und ein schlichter Schuldig/Unschuldig-Plot. Oder auch nur (verstehe das, wer will) wegen Meret. Christoph Schultheis