Zwecklos, Fernsehen zu verteufeln

■ Read.Me: „Gutes Fernsehen, schlechtes Fernsehen?“ – eine Ratgeber-Broschüre für Eltern und Erzieher mit konkreten Tips zum Umgang mit kleinen Vielguckern

Keiner kann genau sagen, welche Folgen der Fernsehkonsum für Kinder hat. Trotzdem machen sich viele Eltern Sorgen, wissen aber nicht, wie sie mit dem TV-Konsum ihrer Kinder umgehen sollen; schließlich hat es auch ihnen niemand beigebracht. Ausgerechnet RTL, noch vor einiger Zeit wegen der gewalttätigen Serie „Power Rangers“ ins Gerede gekommen, greift nun gemeinsam mit der Gesellschaft für Medienpädagogik und Kommunikationskultur (GMK) den Eltern unter die Arme: mit dem wirklich ausgezeichneten Buch „Gutes Fernsehen, schlechtes Fernsehen?!“

Die Autoren wollen Eltern helfen, ihre Verantwortung für den TV-Konsum ihrer Kinder so wahrzunehmen, daß sie nicht zur Belastung wird. Die Beiträge sind geprägt von jener GMK-Haltung, die Kindern im Umgang mit dem Fernsehen mehr Kompetenz zutraut als ihre(n) Eltern. Das Buch informiert über den angemessenen Umgang mit dem Fernsehen und liefert, was medienpädagogische Schriften ansonsten oft vermissen lassen: konkrete Tips für den Alltag, anwendungsfreundlich farblich hervorgehoben. Da das Fernsehen für Kinder so selbstverständlich ist wie der tägliche Sonnenaufgang, habe es keinen Zweck, das Fernsehen zu verteufeln. Gründlich thematisiert werden auch die Bereiche TV-Gewalt und Fernsehen und Werbung. Neben der Konstruktivität der Beiträge zeichnet sich das Buch übrigens auch durch ein lebendiges Layout aus. Unangenehm ist hingegen ein gelegentlich gönnerhafter Tonfall („Wir müssen uns im folgenden ein wenig mit Psychologie beschäftigen“). Ein ungleich größeres Manko ist allerdings eine (wohl dem Mitherausgeber geschuldete) Programmbeschränkung: Ein Blick in den Anhang verrät, daß sich die „Top 50“ der Kinder (30mal „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“), in der angeblich nur eine echte Kindersendung zu finden ist, nur auf RTL bezieht.

Ergänzt wird das Buch um eine Übersicht über den Jugendmedienschutz sowie eine Beschreibung und Bewertung von 16 Kindersendungen (nach Kriterien wie Witz, Spannung, ästhetische Qualität, Rollenbilder). Allerdings finden auch hier leider wieder nur RTL- Sendungen Erwähnung, und gerade zwei davon finden sich in den „Top 50“ der Kinder wieder. Eine Ausweitung aufs gesamte Kinderangebot wäre hier sicher ebenso angebracht gewesen wie eine Rubrik „zu empfehlen“ und Altersangaben. Tilmann P. Gangloff

Stefan Aufenanger, Dieter Baacke et al.: „Gutes Fernsehen, schlechtes Fernsehen?!“. KoPäd Verlag, München 1996, 125 Seiten, 12 DM