: Flüchtling sollte Spitzel werden
■ VS wollte iranischen Flüchtling gegen Geheimdienst benutzen
Das niedersächsische Landesamt für Verfassungsschutz will den iranischen Geheimdienst ausspähen. Gestern hat ein iranischer Flüchtling vor der Presse über einen Anwerbungsversuch durch den Verfassungsschutz berichtet. Ende Januar hätten zwei Schlapphüte auf offener Straße versucht, ihn als Spitzel zu werben. Der Flüchtling, ein anerkannter Asylbewerber, der seit 13 Jahren in Deutschland lebt, hat die Offerte vehement abgelehnt. Mit dem iranischen Geheimdienst wolle er nichts zu tun haben, die Verfassungsschützer hätten ihn mit ihrer Anfrage schon in allergrößte Gefahr gebracht: „Ich bange um mein Leben.“
Am 28. Januar war Ali Zahedi in der Oldenburger Kaiserstraße angesprochen worden. Zwei Männer wiesen sich als Kriminalhauptkommissar Hermann Gerke und Kriminalhauptmeister Axel Pohl von der Hannoveraner Dienststelle des niedersächsischen Amtes für Verfassungsschutz aus. Noch auf der Straße fragten sie Zahedi freundlich, ob er mit ihnen über Mitarbeiter des iranischen Geheimdienstes reden wolle und ob er Namen von iranischen Flüchtlingen nennen könne, die mit dem Geheimdienst in Verbindung stehen. Man könne ja bei einer Tasse Kaffee weiterreden. Offensichtlich war auch den Verfassungsschützern der Ort nicht ganz geheuer. Einer der beiden hat „immerzu die Straße herauf- und heruntergeschaut“ und die Fenster der umliegenden Häuser beobachtet, so Zahedi in seinem Gedächtnisprotokoll.
Das wiederum konnte den ohnehin schon alarmierten Zahedi kaum beruhigen. Der lehnte jede Zusammenarbeit trotz massiver Überredungsversuche – „Wir geben Ihren Namen auf keinen Fall weiter. Sie brauchen keine Angst zu haben“ – strikt ab. Zumal sich im Gespräch herausstellte, wie der Verfassungsschutz auf ihn gekommen war. Zahedi ist unter den iranischen OldenburgerInnen ein bekannter Mann. Er arbeitet seit Jahren im „Medienbüro“, hat Filme gedreht, zuvor journalistisch gearbeitet. Sie hätten viele iranische StudentInnen gefragt, gaben die Verfassungsschützer offen zu, und die hätten unisono ausgesagt, daß Zahedi viel wüßte. Mit anderen Worten: In der iranischen Gemeinde in Oldenburg war schon zum Zeitpunkt des Anwerbeversuchs vielen bekannt, daß der Verfassungsschutz Kontakt zu Zahedi aufnehmen würde.
Am Ende ließ Zahedi die beiden Anwerber schlicht stehen – und lebt seitdem in Angst. Der Grund dafür, daß er jetzt die Öffentlichkeit sucht: Das Signal nach Teheran, daß er kein Spitzel ist. Unterdessen hat sich in Oldenburg eine Unterstützerinitiative für Zahedi gegründet. Das Landesamt für Verfassungsschutz erklärte auf Anfrage, der Fall sei zu den Akten gelegt worden. J.G.
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