piwik no script img

Fördergeld-Eklat

■ Hamburgs Freie Theatergruppen bestehen auf eine unabhängige Jury

Rund achtzig Vertreter aus Hamburgs Freier Theaterszene haben sich Dienstag zu einer Krisensitzung getroffen. Thema war die durch die Presse publik gewordene Forderung Res Bossharts, 500.000 DM aus dem 700.000 DM fassenden sogenannten ,Freien Topf' der Kulturbehörde künftig der Entscheidungsgewalt Kampnagels zu unterstellen (taz berichtete).

Die Stellungnahmen waren so unterschiedlich wie die Teilnehmer der Vollversammlung, die aus den Bereichen Sprech-, Musik-, Tanz- und Kindertheater sowie Kabarett kamen. Die Argumente waren nicht neu, doch offensichtlich für viele Theatermacher existentiell wichtig. Noch einmal ging es darum, daß Freie Theaterarbeit kontinuierlich gefördert werden muß und daß 700.000 DM eine zu geringe Fördersumme für die ganze Szene ist. Während einige Künstler die Ansicht vertraten, daß Kampnagel die einzige ernstzunehmende Spielstätte für professionelle Freie Arbeit in Hamburg sei, betonten andere - vor allem Kindertheater und Kabarett -, daß sie gar kein Interesse hätten, hier zu produzieren.

Trotz Differenzen herrschte Einigkeit in der Ablehnung der Forderung Bossharts. Ohne Gegenstimme einigte man sich auf einen Offenen Brief, in dem auf die Vergabe des gesamten Budgets durch eine unabhängige Jury bestanden wird. Nur so könne die Autonomie der Freien Produzenten gewährleistet bleiben.

Res Bosshart, der ebenso wie der Theaterreferent der Kulturbehörde, Heinrich Bethge, zum Plenum geladen war, konnte die Anwesenden nicht von den Vorteilen seines Modells überzeugen. Einen „Umkehrschluß“ nannte Jury-Mitglied Matthias Schmitz aufgebracht die Argumentation Bossharts, die 500.000 DM seiner Verfügung zu unterstellen, da sie in den letzten Jahren sowieso auf Kampnagel gelandet seien. „Daß viele Gruppen hier produzieren wollen, ist die Praxis - die aber kann sich ändern“, betonte auch Regisseur Thomas Matschoß unter Applaus. Gelächter hingegen erntete Bethge mit defensiven Ausflüchten wie „die Behörde hat sich noch keine abschließende Meinung gebildet“, und er hätte sich in sechsmonatiger Amtszeit noch nicht informieren können. Die Vollversammlung vertagte sich auf den 12. März, 18 Uhr, Kampnagel. Bis dahin wird von der Kulturbehörde eine explizite Stellungnahme erwartet. Christiane Kühl

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen