: Allianz für Kultur und Kommerz
■ Polizeihaus: Baufirma Zech will mit Konzept für Zentralbibliothek und Läden den Zuschlag
Große Pläne werden derzeit in aller Stille für das Polizeihaus am Wall geschmiedet. Kernpunkt dabei: Die Zentralbibliothek soll gemeinsam mit Einzelhändlern und Restaurantbetrieben einziehen, wenn die Polizei das Gemäuer freigemacht hat. An dieser Lösung soll nun auch der potentielle Erwerber der Immobilie, die Baufirma Zech, ein großes Interesse haben. Denn mit der Bibliothek würden Besucher in das Haus gelockt, die Chancen, dort Einzelhandel hineinzubringen, würden sich verbessern. So überschneiden sich die Interessen: Beirat und Ortsamt Mitte sind ebenso wie die Grünen für die Bibliothek, weil so die „Frequenz-Lücke“ zwischen Ostertor und Innenstadt sinnvoll geschlossen werden könnte.
Mit einem aufwendigen Konzept, dessen Investitionswert Insider auf 60 Millionen Mark taxieren, will Zech sich offenbar das Projekt sichern. Denn im Ausschreibungsverfahren für die Immobilie liegt Zech mit seinem Angebot von acht Millionen Mark dem Vernehmen nach um zwei Millionen Mark hinter einem Mitbewerber zurück. Dabei soll es sich um den Cinemaxx-Investor Zimmermann handeln. Der wolle jedoch nur ein Drittel der von Zech versprochenen Summe investieren. Skeptiker fragen, ob das reicht, um die düstere Polizei-Burg in ein einladendes Büro- und Einzelhandelsgebäude zu verwandeln. In der Zech-Chefetage hält man sich bedeckt, obwohl es heißt, daß Gesellschafter Andreas Hundsdörfer regelrecht begeistert von dem Bibliotheken-Konzept sei: „Wir haben Stillschweigen vereinbart“, sagt Hundsdörfer.
Auch offiziell herrscht Schweigen zu dem Projekt und zum Stand des Ausschreibungsverfahrens. Im März würden sich die politischen Gremien mit den Geboten befassen, hieß es aus dem Finanzressort. Daß jemand anderes als Zech den Zuschlag erhält, ist allerdings kaum zu erwarten: Ursprünglich hatte der Senat das Polizeihaus im Doppelpack mit dem Neubau des Polizeipräsidiums in der Lettow-Forbeck-Kaserne in der Vahr an Zech vergeben wollen. Dieses Projekt muß nun nach Einwänden der Europäischen Union europaweit ausgeschrieben werden.
Zech hat bereits von dem renommierten Architekten Thomas Klumpp Pläne zeichnen lassen. Klumpp räumt ein, daß ihn das Projekt fasziniere, weitere Auskünfte will er aber mit Rücksicht auf seinen möglichen Bauherrn nicht machen. Es sickerte aber durch, wie Klumpp sich die Gestaltung der 6.000 Quadratmeter Nutzfläche vorstellt: Der Innenhof soll mit einem Neubau in zwei kleinere Lichthöfe geteilt werden. So weit es der Denkmalschutz zuläßt, will Klumpp unten zwei offene Etagen für Einzelhandel schaffen. Diese gruppieren sich um einen offenen Restaurantbereich mit mehreren offenen Küchen, wo die Gäste nach Wunsch Chinesisch oder Italienisch essen und dennoch zusammen sitzen können.
In die zweite und dritte Etage sollte die Bibliothek einziehen. Darüber sind neben einem per Auto-Aufzug erreichbaren Parkhaus mit 120 Stellplätzen elegante Wohnungen geplant. Auf dem Innenhof-Neubau soll ein Dachgarten angelegt werden. Weil sich der Bau des neuen Polizeipräsidiums und der Abzug der Beamten vom Wall sich aber verzögern wird, könnte man 2001 beginnen.
Für die Leiterin der öffentlichen Bibliotheken, Barbara Lison-Ziessow, wäre das Polizeihaus als Domizil für die von der Politik zugesagte Zentralbibliothek denkbar. „Wo ich Chancen sehe, greife ich zu“. Aber auch das Siemens-Hochhaus sei geeignet. Das Polizeihaus wäre eine Ergänzung der Kulturmeile mit Theater, Kunsthalle und Gerhard-Marks-Haus. Bis nach 2001 könnte sie warten, wenn es sichere Zusagen gäbe.
Pferdefuß an Zechs Konzept sind jedoch offenkundig die Kosten. Denn die Miete für die Bibliothek müßte wohl aus den Miet-Einnahmen aus dem Einzelhandel subventioniert werden, im Gegenzug brächte die Bücherei ja die Menschen in das Haus in der noch unwirtlichen Justizwüste.
Allerdings haben auch andere ein Auge auf das Polizeihaus geworfen. So werden im Justizressort, das heute noch im Richtweg Umzugspläne in die Nachbarschaft der Gerichte erwogen. jof
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