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Sozialämter zu Polizeiwachen

■ Der Senat bereitet eine Weisung vor, nach der die Sozialämter Amtstermine gesuchter Straftäter weitergeben müssen. Datenschützer kritisieren das Vorhaben als Bruch des Sozialgeheimnisses

Auf der Suche nach potentiellen Spitzeln wird der Senat immer fleißiger. Nachdem die Innen-, Jugend- und Sozialverwaltung die Bezirksämter bereits verpflichtet haben, Aufenthaltsorte und Vorsprachtermine von illegal in Berlin lebenden Ausländern der Ausländerbehörde zu melden (taz berichtete), sollen die Bezirke künftig ihre Hilfssherifftätigkeit erheblich ausweiten.

In einem der taz vorliegenden Rundschreiben, das die drei Senatsverwaltungen derzeit noch vorbereiten, sollen die Sozialämter verpflichtet werden, der Polizei nicht nur die Anschrift eines gesuchten Straftäters mitzuteilen, sondern auch dessen „tatsächlichen Aufenthalt“.

Mit einer solchen Formulierung soll den Sozialämtern die Denunziation regelrecht vorgeschrieben werden. Denn zum Aufenthalt zählen die Verwaltungen auch Termine auf dem Sozialamt: „Der momentane oder wiederkehrende Aufenthalt in der Dienststelle eines Sozialleistungsträgers ist mitzuteilen“, heißt es in dem Entwurf. Bislang sind die Ämter nur verpflichtet, auf richterlichen Beschluß beim Verhaften eines Straftäters zu helfen. Nach der neuen Anweisung reicht eine einfache Anfrage der Polizei.

„Es ist nicht Aufgabe der Sozialämter, Haftbefehle zu vollstrecken“, kommentierte Wolfgang Wieland, Fraktionsvorsitzender der Bündnisgrünen im Abgeordnetenhaus die Pläne. Wieland: „Das Thema ist gut geeignet, die Stammtische zu mobilisieren.“

Der stellvertretende Datenschutzbeauftragte Alexander Dix bezeichnete das Vorhaben als „Eingriff in das Sozialgeheimnis, der nicht mit dem Bundesrecht vereinbar ist“. Trotzdem sieht er aber wenig Chancen, die Anweisung zu verhindern. Denn in die Beratungen um das Rundschreiben war der Datenschutz miteinbezogen worden – seine Kritik blieb bislang allerdings unberücksichtigt.

Dix vermutet außerdem, daß mit dem Rundschreiben eine Auslegung des Sozialgesetzbuches durchgesetzt werden soll, „die gegen den Wortlaut des Gesetzes geht“.

Schon vor zwei Jahren war der Senat mit einer Bundesratinitiative gescheitert, den entsprechenden Absatz im Sozialgesetzbuch zu ändern. In Paragraph 68 ist dort die „derzeitige Anschrift“ genannt. Im Antrag des Landes Berlin hatte es geheißen: „In Paragraph 68 sind die Worte oder tatsächlicher Aufenthaltsort einzufügen.“ Der Bundesrat hatte abgelehnt, weil die gewüschte Ergänzung nicht notwendig sei.

Aber auch ohne Regelung hatte die Polizei mit Nachfragen in den Bezirken bisher nicht gegeizt. „Wir bekommen oft Anrufe von der Polizei mit der Nachfrage, ob eine bestimmte Person Sozialhilfeempfänger ist und ob der hier in die Sprechstunde kommt“, berichtet Jürgen Keil, leitender Fachbeamter im Sozialamt Kreuzberg. „Unsere Antwort ist nach wie vor: Besorgen Sie sich einen richterlichen Beschluß.“ Barbara Junge

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