: Koalition bleibt ohne Gemeinsamkeiten
■ Bekenntnis der CDU-Fraktion zur Koalition mit der SPD steht im Widerspruch zu den eigenen Beschlüssen. Keine Mehrheit bei Fraktionsklausur für Bezirksreform
Ein deutliches Ja zur Großen Koalition und zugleich ein klares Nein zu den Vorstellungen des Koalitionspartners SPD – das ist das Ergebnis der CDU-Klausurtagung am Samstag. „Es ist kein Geheimnis, daß die Lage nicht optimal ist, aber nach dem Zwischenstreit um die Gewerbekapitalsteuer müssen wir nun einen neuen Anfang machen“, sprach zwar Fraktionsvorsitzende Klaus-Rüdiger Landowsky nach der sechsstündigen Sitzung. Doch bei der Gewerbekapitalsteuer beharrt die CDU weiter darauf, daß sie in Ostberlin nicht erhoben werden soll. Die CDU setzt vielmehr darauf, daß man sich Bonn darauf verständigt, die Gewerbekapitalsteuer insgesamt abzuschaffen. Ein kleines Zugeständnis an die auf Gesetzestreue pochende sozialdemokratische Finanzsenatorin gab es dennoch. Die CDU-Fraktion gesteht zu, daß die Steuerbescheide im zweiten Quartal verschickt werden müßten, sollte bis dahin keine Abschaffung in Bonn beschlossen sein.
Weiterer Koalitionskrach ist auch bei der Investitionsplanung absehbar – die wird auf der morgigen Senatssitzung bestimmt nicht abschließend behandelt. Für eine Verabschiedung des Haushalts sehe er rechtlich keine Notwendigkeit für eine Investitionsliste, ließ Landowsky die SPD wissen. „Ich möchte lieber eine grobe Investitionsplanung bis Ende Mai, damit das Land Berlin offen bleibt für Fördermittel“, erklärte er. Bei den Fördermitteln hofft der Fraktionschef auf Gelder aus Bonn oder von der Europäischen Union aus Brüssel, die einen Eigenanteil des Landes voraussetzen. Berlin entgingen bei einem Investitionsstopp bis zu 80 Millionen Mark. Zum selben Zweck – der Einbringung von Drittmitteln, dem Investitionsanschub und der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit – bleibt die CDU auch bei ihrem Vorschlag, einen Zukunftsfonds aus Teilerlösen der Vermögensverkäufe einzurichten. Der Fonds soll für dringende und unerwartete Investitionen zur Verfügung stehen und beim Regierenden Bürgermeister angesiedelt werden. Da die Vermögensverkäufe aber schon zur Deckung des Haushaltsdefizits im Haushalt eingeplant sind, würde ein solcher Fonds neue Lücken reißen. Woher das Geld kommen soll, hat die CDU noch nicht geklärt. Der parlamentarische Geschäftsführer Volker Liepelt schlug am Samstag vor: „Dann muß man halt etwas mehr verkaufen.“
Auch beim zweiten Tagesordnungspunkt, der Parlamentsreform, dachten die Christdemokraten nicht daran, ihrem Koalitionspartner auch nur einen Schritt entgegenzukommen: Beschlossen die Sozialdemokraten im Januar, die Parlamentsmandate von 150 auf 100 zu senken und das Verhältnis von Direktmandat zu Parteimandat von 60:40 auf 50:50 zu verschieben, votiert die CDU für den Status quo. Eine Reduzierung der Mandate sei nicht schon wieder nötig, nachdem erst von 200 auf 150 reduziert worden war, meinte Landowsky. „Und bei dem Verhältnis Direktmandat Listenmandat hätten wir sogar lieber noch 70:30, um die Abstimmung über die Abgeordneten für den Bürger noch direkter zu machen.“ Eine Verringerung der Ausschüsse indes konnte die CDU-Fraktion trotz interner Widerstände beschließen. Nach dem Willen der Christdemokraten soll es künftig noch zu jedem Senatsressort einen Ausschuß, den Bundes- und Europaausschuß, der dem Regierenden Bürgermeister zugeordnete wird, geben. Dazu kommen dann noch der Verfassungsschutzausschuß, der Petitionsausschuß und der zur Verwaltungsreform, macht insgesamt 14.
Beim letzten Tagesordnungspunkt, der Bezirksgebietsreform, gelang es der Fraktionsführung dann offensichtlich nicht mehr, die Widerstände aus Partei und Fraktion zu bändigen. Die vom Senat beschlossene Reduzierung der Bezirke von 23 auf 12, an die Innensenator Jörg Schönbohm (CDU) einen Gutteil seiner Glaubwürdigkeit gehängt hat, findet noch immer keine Mehrheit bei den Christdemokraten. Man wolle zwar die Anzahl der Bezirke verringern, aber eine Einigung, wie und wieviel, ist nicht in Sicht. Barbara Junge
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