Kundgebung verhindert

■ Polizei schlägt Demonstranten in Tirana zusammen. Erste Verhaftungen

Tirana (APF/dpa) – Auch nach Zahlung der ersten Entschädigungen an geprellte Kleinanleger in Albanien haben am Wochenende wieder mehrere zehntausend Menschen gegen die Regierung demonstriert. In der Hafenstadt Vlora gingen gestern mehr als 20.000 Menschen auf die Straße und verlangten die vollständige Rückzahlung des Geldes, das sie durch den Bankrott unseriöser Anlagefirmen verloren hatten. In Sprechchören forderten sie den Rücktritt der Regierung in Tirana, die sie für die Pleiten der Investmentgesellschaften mitverantwortlich machen.

In der Hauptstadt Tirana löste die Polizei am Samstag mit Schlagstöcken und Wasserwerfern eine Protestkundgebung auf und nahm etwa ein Dutzend Vertreter der Opposition fest, darunter den Generalsekretär der sozialistischen Partei und den Vorsitzenden der sozialdemokratischen Partei. Unter dem Vorwurf, sie hätten eine verbotene regierungsfeindliche Kundgebung organisieren wollen, wurden sie zwei Stunden lang im Polizeihauptquartier festgehalten.

Auf diese Weise verhinderten die Sondereinheiten, daß es zu einer größeren Kundgebung kam. In einer Erklärung des Innenministeriums hieß es, die Polizei sei eingeschritten, „um Ruhe und Ordnung wiederherzustellen und die Oppositionspolitiker zu schützen“.

Präsident Sali Berisha bezeichnete das Vorgehen der Sicherheitskräfte in einer vom staatlichen Fernsehen verbreiteten Erklärung als inakzeptabel. „Die albanischen Gesetze sichern allen Bürgern und politischen Parteien das Recht zu, friedlich zu demonstrieren und ihre Positionen unter Einhaltung der Gesetze zu vertreten“, erklärte Berisha. Er verurteilte aber auch „die Gewalt gegen die Sicherheitskräfte und gegen das staatliche und öffentliche Eigentum“.

Unterdessen haben Albanien und die Führung der Albaner in der serbischen Provinz Kosovo gestern gegen die Ernennung des Niederländers Max van der Stoel als Sonderbeauftragten der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) für den Kosovo protestiert. Das Außenministerium in Tirana betonte in einer Erklärung, van der Stoels Funktionen als OSZE-Hochkommissar für Minderheiten und als Kosovo-Beauftragter seien nicht vereinbar. Die Führung der Albaner im Kosovo kritisierte in ihrer Stellungnahme, die OSZE beschränke damit das Kosovo-Problem auf eine Minderheitenfrage.