Jedem Mann ein, zwei schöne gerippte, genoppte Unterhosen

■ Geknöpft, mit Reißverschluß oder lieber mit Querschlitz – Wäscheproduzenten entdecken Mängel der Männer in Deutschland

Berlin (taz) – Am vergangenen Samstag feierte das Wäschefachblatt taz auf Seite 3 einen neuen Slip aus Frankreich. Der „HO 1“ hat einen horizontalen Schnitt und richtet Kleingeratenes auf. Mehr als eine Unterhose: „Ein Angebot zur Demokratisierung der Formen“ (taz). Das hat die etablierten Platzhirsche im knallharten Unterwäschebusineß nervös gemacht: Sie starten eine Gegenkampagne. Unter dem Titel „Deutschland – Wäschemuffelzone Nr. 1“ bemüht sich eine illustre Expertenschar auf der Leipziger Modemesse derzeit, die Meinungsführerschaft in Sachen Unterhose zurückzuholen.

Vorneweg Helmut Haller, Vorstandsvorsitzender bei „Schiesser“. Seine Firma plant die „totale Entmystifizierung der Wäsche“. Slips und Shorts sollen aus der „Erotiknische“ heraus. In welcher Weise „Schiesser“-Produkte bisher erotisch oder mystisch waren, führt Haller nicht aus. Dafür sieht er einen „explodierenden Markt“ und fordert ein „Grundrecht auf schöne Wäsche für alle Menschen“ ein. Doch: „Der Deutsche kauft nur 3,2 Unterhosen im Jahr“, seufzt Hans-Joachim Jorke, Vertreter der deutschen Maschenindustrie und idealer Harry-Weinford-Imitator. Die bescheidenen 3,2 Intimtextilien sind meistens Mitbringsel der Partnerin. Für sich selbst kaufen die Damen zwar gern mal einen „mehrere hundert Mark teuren Body“, weiß der Maschen- Weinford. Der Kerl zu Hause wird von Frau, Freundin oder gar Mutter jedoch meist mit billiger Massenware vom Wühltisch versorgt. Ein Notstand, den die Moderatorin der „Leipziger Moderunde“ eindrucksvoll visualisiert, indem sie die männlichen Journalisten zum spontanen Entblößen animiert. Keiner der anwesenden Medienvertreter traut sich, so muß ein Messemitarbeiter für die Fotografen Hose und Würde verlieren.

Solche traurigen Anblicke erwarten uns in Zukunft leider öfter. „Schiesser“ plant nämlich eine neue Werbekampagne. „Provozierend“ soll die sein und Schluß machen mit der „Schönheits-Euthanasie“. Absolutes Highlight der Kampagne und wahrscheinlich neuer Höhepunkt der Verdummung des öffentlichen Raums durch Plakatwerbung ist ein junger Mann im „Schiesser“-Slip, der von uns wissen will: „Soll ich jetzt rechts oder links mit dem Dings?“

Dem Vertreter des Wäschefabrikanten „bruno banani“ ist egal, ob Bruno „ihn“ rechts oder links unterbringt, Hauptsache die Slips sind teuer. Es gelte, gezielt höhere Preise für Wäsche zu etablieren, in Deutschland werde viel zuviel verramscht. Ähnliches beklagt auch Heidemarie Neumeister aus Chemnitz, obwohl doch in ihrem Fachgeschäft „qualitätsbewußte Ostdeutsche 120 Mark für einen String-Tanga“ hinlegen.

Die Experten verweisen die „Wäschemuffelzone Deutschland“ in die Vergangenheit und erklären ganz Deutschland zum „Wäschepotential Nr. 1“. Noch sind die Zuwachsraten bei Herrenslips und Boxershorts bescheiden, doch der Edelkonsument soll in Zukunft sein Geld auch für überteuerte Wäsche ausgeben. Ungenanntes Vorbild ist Calvin Klein aus den USA, der als erster ein deutliches Label auf seine teuren Shorts stickte. Einig war die Runde im neuen Messegelände in Leipzig, den noch zu schaffenden Markt für teure Herrenunterwäsche und die erhofften Millionengewinne keinesfalls der ausländischen Konkurrenz zu überlassen. Robin Alexander