: Mehr als die Waage
■ Bremer Anwälte dürfen jetzt für sich werben, aber Erfolgszahlen bleiben tabu
Werbeagenturen und Grafikbüros können bald auf neue Kundschaft hoffen: Denn die Rechtsanwälte haben sich nach langen Debatten bundesweit auf Richtlinien für Werbung verständigt. Die neue Berufsordnung, die an die Stelle des verstaubten Standesrechts getreten ist, eröffnet ab März auch den 1.157 in Bremen und Bremerhaven zugelassenen Anwälten und Notaren, in Medien auf sich aufmerksam zu machen.
„Wir stehen mit unserer Dienstleistung in Konkurrenz zu Steuerberatern oder Banken“, sagte der Präsident der Hanseatischen Rechtsanwaltskammer Bremen, Henning Hübner, gestern vor der Presse. Allerdings: Bei der bereits gestatteten Gestaltung von Kanzlei-Logos falle den wenigsten Juristen mehr ein als die Waage.
Gemeinsam mit dem Bremer Anwalt und Notar Rembert Brieske vertritt Hübner die Bremer Anwälte in der Satzungsversammlung der Bundesrechtsanwaltskammer. Dieses 88köpfige „Parlament der Ärzte“ hat erstmals demokratisch legitimierte Regeln für den Berufsstand aufgestellt.
Das neue Informationsrecht solle besonders den Mandanten dienen, leichter den richtigen Anwalt zu finden, sagte Hübner. Aber: Anwalts-Werbung muß sachlich sein. Auf Kanzlei-Schild und Visitenkarten dürfen zwei Interessengebiete, bei einer gewissen nachgewiesenen Erfahrung auch „Tätigkeitsgebiete“, verzeichnet sein.
Mandate und Mandanten dürften nur mit ihrer Genehmigung genannt werden. Erfolgs- und Umsatzzahlen sind tabu. Verboten bleibt Direktmarketing: Hübner berichtete von einem Bremer Konkurs-Anwalt, der sich Gläubigern eines Pleite-Unternehmens angepriesen hatte. Dem Juristen droht eine Rüge der Anwaltskammer.
Neben den bisher anerkannten Fachanwälten für Arbeits-, Verwaltungs-, Sozial- und Steuerrecht werden künftig auch Spezialisten in Familien- und Strafrecht registriert. Voraussetzung, um Fachanwalt zu werden, sind dreijährige Zulassung, theoretische Kenntnisse und praktische Erfahrung.
Über die wirtschaftliche Situation der Bremer Anwaltschaft (darunter 249 Frauen) liegen laut Hübner keine Angaben vor. Sie hätten aber unter der wirtschaftlichen Flaute zu leiden. Besonders für Berufseinsteiger sei die Lage schwierig. Die Zahl der Anwälte hat sich seit 1980 verdoppelt. jof
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen