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Kohl ist von Kopf bis Fuß gesund

■ Der Kanzler äußert sich wortreich zum „Gerücht“, er hätte Krebs. CDU-Reformer wollen Wolfgang Schäuble als Kanzler

Berlin/Hamburg (taz/dpa) – 49 Zeilen brauchte der Kanzler, um eine „freie Erfindung“ (Kohl) zu widerlegen. An den Behauptungen „eines Hamburger Nachrichtenmagazins“, er hätte Krebs, sei „gar nichts“ dran, diktierte Helmut Kohl seinem Hofschreiber Kai Dieckmann von der Bild-Zeitung gestern in den Notizblock, und dieser schrieb diese wie auch alle anderen 47 Zeilen über die „gute Gesundheit“ des Kanzlers ganz brav mit.

Eine Kostprobe: „Ich habe in meinem Leben schon viele Hinterhältigkeiten erlebt – aber diese hier ist besonders schädlich. Mich persönlich beeindruckt das überhaupt nicht ... Gott sei Dank erfreue ich mich guter Gesundheit, sonst könnte ich mein großes Arbeitspensum gar nicht bewältigen. Das bestätigen im übrigen auch die Journalisten, die mich auf meinen Auslandsreisen begleiten ... Außerdem lasse ich mich regelmäßig von Kopf bis Fuß untersuchen. Ich bin sehr dankbar, daß meine Ärzte immer sehr zufrieden mit den Ergebnissen sind.“

Weniger zufrieden mit Kohls Ergebnissen in diesem Jahr sind Politiker des Reformflügels der CDU. Diese haben dem Vorsitzenden der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Wolfgang Schäuble, ihre Unterstützung bei der Nachfolge Helmut Kohls im Kanzleramt signalisiert. Der Hamburger CDU-Fraktionschef Ole von Beust sagte der Woche: „Schäuble hat unbezweifelbar das Zeug zum Kanzler.“ Der Fraktionsvorsitzende im baden-württembergischen Landtag, Günther Oettinger, meinte, Schäuble habe in den vergangenen Jahren bewiesen, daß er „in wichtigen Fragen der Innenpolitik der starke Mann der Regierungsparteien ist“.

Deutliche Kritik übten die jungen CDU-Politiker am Zustand der Bonner Koalition und am Streit um Steuer- und Rentenreform. Oettinger sagte: „Bei der Rente kommen wir um Jahre zu spät.“ Wenn die großen Reformaufgaben schiefgingen, „ist die Frage, wie wir 1998 antreten, weitgehend egal“. Von Beust vertrat die Ansicht, es habe sich „gerächt, daß auf dem CDU-Parteitag im Oktober in Hannover Friede, Freude, Eierkuchen verkündet wurde“.

In der Union dringen offenbar immer mehr auf eine schnelle Entscheidung Kohls, ob er zu den Bundestagswahlen 1998 noch einmal antrete. Die FAZ berichtete in ihrer gestrigen Ausgabe, Unionsabgeordnete hätten zu verstehen gegeben, Kohl müsse sich bald zur Kandidatur entschließen und dies bekanntgeben. Dies könne als Befreiungsschlag wirken, setze aber voraus, daß vorher in der Koalition Einigkeit über Steuer- und Rentenreform herrsche. Ein CDU-Politiker wird mit den Worten zitiert: „Wenn nichts geschieht, verliert die Union an Boden.“ Ein anderer sagte: „Wenn Kohl nicht kandidiert, wäre das der Anfang vom Ende der Koalition.“ J.K.

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