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„Die Querelen an der Spitze sind nicht produktiv“

■ Die Mehrheit der Demonstranten will keine Streitereien zwischen den Köpfen ihrer Bewegung. So rauft sich die Führung zusammen und verteilt schon mal Posten

Nach außen hin tritt sie geschlossen auf, die Führung der Oppositionsbewegung Zajedno. Jeden Abend stehen sie vor Zehntausenden von Demonstranten: Vuk Drašković, der Vorsitzende der Serbischen Erneuerungsbewegung, Zoran Djindjić, der Chef der Demokratischen Partei und Vesna Pesić, die Vorsitzende der Zivilen Allianz. Doch intern knistert es. Vor allem Drašković und Djindjić können die Spannungen nur mit Mühe verbergen.

Die beiden Charaktere könnten unterschiedlicher nicht sein: Vuk Drašković ist ein Kämpfer, der seit 1991 konsequent gegen den Krieg aufgetreten ist, ein konservativer Serbe, der für seine Überzeugungen steht, der 1993 von Polizisten halb totgeschlagen wurde, der erst vor wenigen Tagen Zielscheibe eines Anschlags war, der oftmals von seinen Gefühlen und Stimmungen hinweggetragen wird. Als unerbittlicher Feind von Slobodan Milošević möchte er der kommunistischen Herrschaft ein Ende setzen.

Zoran Djindjić dagegen ist ein kühler, intellektueller Kopf, gebildet, weltläufig, ein Mann, der sich von Stimmungen zu distanzieren weiß, der Serbien modernisieren will, der europäisch denkt und in der Demokratie die einzige Chance für die Zukunft seines Landes sieht, der sich aber auch nicht scheut, mit jenen Personen und Kräften Kontakt aufzunehmen, die den Krieg geführt haben. Als Vuk Drašković nach der Polizeiaktion vor zwei Wochen im Überschwang der Gefühle zum bewaffneten Aufstand aufrief, konnte der für friedliche Protestformen eintretende Zoran Djindjić nur mühsam Haltung bewahren.

Doch jetzt soll Schluß sein mit den Querelen. Die Parteien im Oppositionsbündnis Zajedno sollen weiter zusammenwachsen, gemeinsame Ausschüsse sollen gebildet werden. An fähigen Mitarbeitern mangelt es nicht. Die beiden Hauptkontrahenten gaben sich am Dienstag abend sogar das Versprechen, die Äußerungen des Rivalen nicht mehr öffentlich zu kommentieren. Und auch zu wichtigen politischen Fragen will man sich geeinigt haben: zu Kosovo und Bosnien. Kosovo soll bei Serbien bleiben, die Bürgerrechte der Albaner sollen dabei aber geachtet werden. In Bosnien wird das Abkommen von Dayton unterstützt.

Und so war es in den letzten Tagen auch möglich, Personalprobleme zu besprechen. Bei den Wahlen zur serbischen Präsidentschaft und den Wahlen zum serbischen Parlament, die vor November stattfinden müssen, soll Vuk Drašković als Präsidentschaftskandidat des Oppositionsbündnisses auftreten. Zoran Djindjić soll bei einem Wahlsieg Ministerpräsident werden. Für Vesna Pesić ist das Amt der Parlamentspräsidentin vorgesehen.

„Die Querelen an der Spitze sind nicht produktiv“, sagt Dragana Milošević, eine Studentenaktivistin. Die Bewegung in Belgrad und anderen Städten Serbiens sei entschlossen, weiterzumachen, die Leute gingen auf die Straße, um endlich eine demokratische Zukunft herbeizuführen. Auch für den Studenten Zoran Ilić ist die Masse entscheidend: „Wir gehen auf jeden Fall auf die Straße, jeder von uns kann Sprecher sein.“ Diese Stimmung an der Basis ist es, die das Bündnis Zajedno zusammenhält.

Auch die unabhängigen Gewerkschaften wollen nun täglich vor dem Haus der Gewerkschaften demonstrieren. Auf dem Lande sind Bauernproteste zu erwarten, weil sie immer noch auf die Bezahlung ihrer im Herbst abgelieferten Produkte warten. Es protestieren nun auch jene, die vor dem Krieg Devisenkonten hatten und deren Geld verschwunden ist. Seit Wochen schon streiken die Lehrer. Und selbst die Schauspieler haben die Arbeit aus Protest gegen die Polizeiaktion niedergelegt. In der Polizei kursiert ein Papier von Polizisten, die sich weigern wollen, gewaltsam gegen Demonstranten vorzugehen. „Die Proteste erfassen langsam die gesamte Gesellschaft“, sagt Zoran Djindjić. Und da liege die Chance für ihre Demokratisierung.

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