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Schöne Biester

 ■ Sue Ellen kehrt zurück: „Models Inc.“ (Sa., 17.25 Uhr, RTL)

Beiträge zu einer virtuellen Aaron-Spelling-Retrospektive gibt es alle Tage: „Beverly Hills 90210“ läuft auf gleich zwei Sendern, „Melrose Place“ zählt ebenso zum ×uvre des wohl erfolgreichsten Serienproduzenten aller Zeiten wie „Savannah“ und die heute startende Edel-Soap „Models Inc.“. Zwar bewies der frühere Schauspieler und TV-Autor Spelling u.a. mit „Drei Engel für Charlie“ Gespür für publikumswirksame Themen – seine Markenzeichen aber sind die Soap-operas, serielle Melodramen mit offener Erzählstruktur. Als Reaktion auf den immensen Erfolg von „Dallas“ ließ Spelling seinerzeit den „Denver- Clan“ entwickeln. Um die texanischen Parvenüs zu übertrumpfen, setzte Spelling in bis dahin ungekannter Dimension auf Protz und Prunk – die Ausstattung war aufwendiger, die Kostüme teurer, das Ambiente schicker, das gesamte Personal hingegen dermaßen vergaunert und verlumpt, daß selbst einem J. R. noch schummrig werden mochte.

Das Erfolgsrezept bewährte sich, wurde über die Jahre diversifiziert und auf unterschiedliche Alters- und Zielgruppen zugeschnitten. Vorsichtige Versuche, in der Twen-orientierten Serie „Melrose Place“ realitätsnahe Aspekte unterzubringen, hatten sinkende Einschaltquoten zur Folge. Erst als mit Heather Locklear ein Scheusal vom Kaliber einer Joan Collins installiert wurde, war das Fernsehvolk wieder dabei und genoß mit großem Behagen die abgefeimtesten Intrigen, aberwitzigsten Gemeinheiten und wildesten Komplotte.

Prompt wurde ein „Spinoff“ fällig, eine Ablegerserie, die durch einige Figuren mit „Melrose Place“ verschränkt ist und sich den gegenwärtigen Model-Rummel zunutze macht. Linda Gray, in „Dallas“ einst als verwittertes Alkoholwrack Sue Ellen präsent, spielt die Mutter der aus „Melrose Place“ bekannten Amanda Woodward. Als Inhaberin einer kleinen Modelagentur verhilft sie mit mütterlicher Hingabe ausgewählten Schönheiten zu einer Karriere, kann aber durchaus ruppig werden, wenn ihre geschäftlichen Interessen gefährdet scheinen. Die Damenriege bewohnt ein luxuriöses Strandhaus, wo die attraktiven Leiber gepflegt und getrimmt werden und die herrlichsten Kabalen blühen. Hierhin verschlägt es die Newcomerin Sarah, die kulleräugig durch die Welt des schönen Scheins stöckelt, sich den allgemeinen Gepflogenheiten aber recht bald anpaßt und sich zu einem natternhaften Biest der Sonderklasse entwickelt. Ansonsten hat es alles, was eine Glamour-Soap so braucht: Es wird getrickst, getötet und betrogen, verdient, vergeudet und verbrochen, daß es nur so eine Art hat – größer als das Leben, unverstellter Eskapismus, absichtsvoll unrealistisch, manchmal aber wahr. H. K.

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