piwik no script img

Vorwürfe gegen Palästinenserpolizei bestätigt

■ Geheimdienstchef von Nablus nach Foltertod eines Gefangenen festgenommen

Nablus/Berlin (dpa/AFP/taz) – Wieder einmal stehen palästinensische Sicherheitskräfte im Verdacht, einen Gefangenen zu Tode gefoltert zu haben. In Nablus im Westjordanland nahm die palästinensische Polizei am Sonntag sechs Verdächtige fest, die am Foltertod des palästinensischen Häftlings beteiligt gewesen sein sollen. Nach Angaben aus Sicherheitskreisen ist unter den Festgenommenen auch der Geheimdienstchef von Nablus, Hani Ijad. Kurz vor dessen Festnahme war Jassir Arafat mit der Familie des Opfers zusammengekommen. Ijad und drei weitere Untersuchungsbeamte sollen den Palästinenser Jusuf Ismail al-Baba im vergangenen Monat so schwer gefoltert haben, daß dieser seinen Verletzungen im Krankenhaus erlegen war. Der palästinensische Generalstaatsanwalt Khaled al-Kidra bestätigte diesen Sachverhalt am Sonntag. Familienangehörige hatten nach al-Babas Tod gesagt, der Grundstücksmakler habe sich geweigert, einem der Geheimdienstchefs Land zu verkaufen.

Der 32jährige al-Baba war am 3. Januar festgenommen worden. Die Sicherheitskräfte beschuldigten ihn der Kollaboration mit Israel. Am 2. Februar war al-Baba nach Angaben einer palästinensischen Menschenrechtsgruppe in einem Krankenhaus in Nablus gestorben. Der Justizminister der Autonomiebehörde, Freij Abu Medein, der den Fall untersuchen ließ, erklärte später: „Der Verhaftete ist grundlos festgehalten und extremer Folter ausgesetzt worden, die zu seinem Tod geführt hat.“ Es sei überdies versucht worden, die Tat zu vertuschen. Die Krankenakte des Häftlings sei verschwunden, sagte Abu Medein.

Al-Baba war der elfte Palästinenser, der seit Gründung der Autonomiebehörde im Frühjahr 1994 in palästinensischen Gefängnissen zu Tode kam. Internationale Menschenrechtsorganisationen haben wegen Verletzung von Menschenrechten wiederholt schwere Vorwürfe gegen die Autonomiebehörde erhoben. Diese dementierte stets, daß Gefangene systematisch gefoltert würden. Bei Übergriffen würden die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen. Tatsächlich waren im August 1996 drei Polizisten wegen Folter mit Todesfolge zu Haftstrafen verurteilt worden. In einem Gespräch mit der taz hatte der Sicherheitschef der Autonomiebehörde in Gaza seinerzeit die Mißstände freimütig eingestanden. Er versicherte jedoch, daß alles getan werde, um die schweren Verstöße abzustellen. Geltend macht die Behörde allerdings, daß die Sicherheitskräfte unter Druck seitens Israel und der USA stünden, die „Feinde des Friedens“ zu bekämpfen. Offensichtlich mangelt es jedoch an einer Kontrolle der Geheimdienste, die gegenüber der Bevölkerung eine allmächtige Polizeigewalt an den Tag legen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen