■ Mit Lachshormonen auf du und du
: Stressige Impfung

Berlin (taz) – Das Anwendungsverbot der Europäischen Union für Hormone in der Tierzucht wird brüchig. Die Europäische Kommission hat grünes Licht für ein Wachstumshormon gegeben, das bei der Aufzucht von Tieren eingesetzt werden darf. Somatosalm heißt das Produkt, das die EU-Kommission auf Antrag der belgischen Firma Pharos als „Arzneimittel“ für Lachse eingestuft hat.

Produziert wird das Hormon mit Hilfe genmanipulierter Darmbakterien, denen das ursprünglich aus der Regenbogenforelle stammende Hormon- gen eingepflanzt worden ist. Somatosalm soll dazu genutzt werden, Junglachsen bei der Umstellung von Süß- auf Salzwasser zu helfen.

Um den körperlichen Streß für die Lachse bei der Umsetzung in das salzhaltige Milieu zu mindern, soll den Tieren Somatosalm in den Bauchraum gespritzt werden. Obwohl es keine Daten über gesundheitliche Auswirkungen auf die Verbraucher gibt, kam die Europäische Arzneimittelbehörde in London zu dem Schluß: Das Hormon sei unbedenklich, „es hat keinen Effekt, wenn es in Nahrungsmitteln eingeführt wird“. Die EU-Kommission sah deshalb auch keine Notwendigkeit, Grenzwerte für Hormonrückstände in den Fischen festzulegen.

„Als völlig absurd“ bezeichnete die Europaabgeordnete der Grünen, Hiltrud Breyer, die Zulassung des Hormons. Mit dem Medikament solle „eine Krankheit bekämpft werden, die gar nicht existiert“. Breyer befürchtet einen Präzedenzfall für andere Hormone. So wird seit längerem schon versucht, vor allem von den USA, das generelle Verbot in der EU für hormonelle Leistungssteigerer zu kippen.

Skeptisch über den Nutzen des Somatosalms äußert sich auch Rudolf Laschinger, der in Großbritannien und Norwegen eigene Lachsfarmen besitzt: „Für die Tiere bedeutet die Umstellung auf das Salzwasser schon eine Belastung, aber Streß würde ich das nicht nennen.“ Unter natürlichen Bedingungen müßten die Jungtiere sich ja auch anpassen, erklärt er. Unter Streß würden die Tiere vielmehr leiden, wenn sie geimpft werden. Wolfgang Löhr