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„Mit den Stadtwerken kommt ein Monopolist auf den Markt“

■ Interview mit dem Unternehmer H.-J. Niemeyer über die Bedrohung durch die Stadtwerke-Expansion

Hans-Jürgen Niemeyer ist ein erfolgreicher Bremer Unternehmer aus der Heizungsbranche. Als Ingenieur gründete er vor drei Jahren das „Bremer Institut für Gebäudemanagement“. Er gehört zu den Kritikern der Stadtwerke-Expansion in den Heizgeräte-Service. Wir fragten ihn, warum.

taz: Die Stadtwerke wollen in einer Tochterfirma, an der das Handwerk sich mit 50 Prozent beteiligen kann, Lieferung, Einbau und Wartung von Heizgeräten anbieten. Was ist daran schlimm?

Hans-Jürgen Niemeyer: So, wie das berichtet wurde, ist das nicht richtig. Das Handwerk sollte 50 Prozent der Anteile der neuen Firma haben. Aber durch die Regelungen für die Geschäftsführung hätten die Handwerker vier Jahre lang nichts zu sagen gehabt. Deshalb hat die Innung das einhellig abgelehnt.

Die Handwerker sollten aber die Aufträge bekommen.

Die Stadtwerke wollen die Geräte kaufen und die Wartung anbieten, die Handwerker sollen dabei nur noch die Montage machen. Die Stadtwerke geben mit dem Komplettpreis auch den Tarif vor, zu dem gearbeitet wird, damit werden Meister zu staatlich geprüften Schraubern degradiert.

Stadtwerke-Chef Jochum hat erklärt, für den Verbraucher käme das Stadtwerke-Angebot billiger.

Den Beweis muß er erst einmal antreten. Richtig ist, daß die Geräte bisher von den Herstellern über die Großhändler an die Fachhandwerker geliefert werden, dieser einheitliche Vertriebsweg ist bisher nur durch die Verbrauchermärkte zu umgehen. Aber wer da billig kauft, hat auch keine Fachberatung und Garantie für den Einbau seines Heizgerätes. Da muß der Kunde sich für einen Fachbetrieb oder einen Billig-Anbieter entscheiden, das ist in Ordnung so.

Wenn die Stadtwerke sagen, sie liefern das mit Fachberatung und Wartung billiger, dann muß der Kunde die Leasing-Raten einmal hochrechnen. Bei dem Stadtwerke-Angebot unterschreibt man ja einen Vertrag für 15 Jahre und bindet sich damit.

Die Bremer CDU will diesen neuen Markt-Teilnehmer mit politischer Macht verhindern. Ist das nicht ein komische Situation?

Finde ich überhaupt nicht. Markwirtschaft wird hier untergraben. Nicht weil die Firma Edon aus Hollend versucht, hier Fuß zu fassen, sondern weil ein Monopolist in ein Marktgeschehen eingreifen will.

Das müssen Sie mir erklären.

Schlimm ist für den Heizgeräte-Sektor, daß die Stadtwerke aufgrund ihres Monopols die große Kundenkartei haben. Die sehen auf Knopfdruck: Hat der Kunde schon ein Gasgerät? Von wann ist der Gasanschluß? Und sie haben die Möglichkeit, durch Gas-, Strom- und Wasserpreise ihren Einstieg in das Gerätegeschäft zu subventionieren. Sie übernehmen jetzt schon die Heizzentrale von Baugesellschaften, stellen diese auf Fernwärme oder Gas um und bieten Preisvorteile, wenn dann Gas oder Fernwärme genommen wird.

Die Stadtwerke interessieren sich ja auch für das Gebäudemanagement der öffentlichen Hand...

Das ist meiner Ansicht nach der Hintergrund, warum die Stadtwerke in diesen Markt einsteigen. Sie wollen sich einen Reparaturservice aufbauen für das eigentliche Ziel, den Einstieg in die Wohnungswirtschaft und das Gebäudemanagement. Wir haben in Bremen rund 1.200 öffentliche Liegenschaften, deren Heizanlagen dringend der Sanierung bedürfen.

Was bringt das den Stadtwerke?

Da geht es um große Anlagen, also große Aufträge, und in den Sanierungsaufträgen für die veralteten Heizanlagen liegt eine hohe Gewinnspanne.

Die CDU wollte vor einigen Jahren die Stadtwerke mehrheitlich privatisieren.

Man hätte die Stadtwerke-Anteile überhaupt nicht verkaufen dürfen. Das ist meine persönliche Ansicht. Interview: K.W.

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