: Beitrag zum taz-internen Harry-Rowohlt-Erwähnungswettbewerb Von Susanne Fischer
Auf keinen Fall werde ich hier über meine Wien-Reise mit Fanny Müller und Harry Rowohlt berichten. Namedropping gilt schließlich unter uns Kolumnisten als Todsünde.
Rowohlt, Rowohlt, Rowohlt. Müller, Müller, Müller. Überraschenderweise lebe ich nach diesem Einwurf noch. Ätsch! Auch Todsünden können mal flexibel sein. Allerdings hat sich meine Lebensqualität erheblich heruntergeschraubt, seit ich an einer Luftröhrenentzündung leide. Das ist eine Krankheit, die bei der dritten Internationalen Fieberolympiade 1950 bereits als ordentliche Disziplin zugelassen wurde. Ich glaube nicht, daß Harry Rowohlt schon mal Luftröhrenentzündung hatte.
Bei meinem vorletzten Fieberschub fing ich ab 39,4 Grad an zu dichten und hatte binnen zweier Stunden hundert erstklassige deutsche Schlagertexte beisammen. Leider versäumte ich, sie aufzuschreiben. Dieses Mal versuchte ich, mir alles genau zu merken, was sich in meinem Delirium ereignete. Während es nach außen hin so wirkte, als ob ich mit Schüttelfrost im Bett läge, befand ich mich tatsächlich mit Harry Rowohlt auf einer Antarktisexpedition. Wir verfaßten hochklassige Liebeslyrik, zum Beispiel: „Amors Pfeil verfehlt mein Herz / und krepiert im Entensterz.“
Fanny Müller applaudierte dazu und lachte auf eine Art, die niemanden erfreute.
Ehrenrettung: Ich glaube nicht, daß Harry Rowohlt fähig wäre, so schlechte Gedichte zu schreiben. Im Fieberwahn machte mir allerdings mehr Sorgen, wo Amors entkommenes Opfer den Entensterz hernehmen soll. Hat der Mann von Welt so was heutzutage dabei? In der Antarktis? Anstelle einer pfeilsicheren Weste?
Als ich wieder zu mir kam, saß ich beim Arzt und fragte ihn in einnem sehr charmanten Krächzflüsterbaß: „Steckt es an?“ – „Nicht direkt. Aber es grassiert.“
Wenn das so ist, bedauere ich, den Wiener Opernball nicht besucht zu haben. Dort hätte ich dann zwanglos den Inhalt meiner Luftröhre über dem Gesindel ausröcheln können, das im Flugzeug echte Frauenprobleme besprach. „Die Ärmel meiner Nerzjacke sind so lang, daß mein Schmuck gar nicht zu sehen ist“, wimmerte ein wandelndes Portemonnaie an der Leine eines unappetitlichen Anlagebetrügers. Hier hätte die gute, alte Disziplin des Frauenhauens wieder eröffnet werden dürfen. Das Sacktreten ist ja glücklicherweise noch nicht ganz so aus der Mode gekommen.
Im vergangenen Absatz kam Harry Rowohlt nicht vor. Das läßt sich in diesem Absatz ändern. Er besuchte zwar den Opernball auch nicht, dafür aber in einem Topanzug (167 Mark/acht Minuten Einkaufszeit, Rekord bei der C&A- Olympiade) den wesentlich wichtigeren Wiener Ball des schlechten Geschmacks. Mir fehlte ein dem Motto entsprechendes Outfit, so daß ich in meinem etwa drittbesten, eleganten Modell erscheinen mußte. Zwei BallbesucherInnen in abscheulichen Kleidern bzw. Schlaghosen aus den Siebzigern stießen sich an und zeigten auf mich: „Was soll denn daran schlechter Geschmack sein?“ „Weiß ich nicht. Vielleicht der Schal?“
Möchte eine der Leserinnen einen guterhaltenen, grauen Rohseidenschal geschenkt haben? Harry, willst du ihn vielleicht?
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